
Manchmal verrät ein Ergebnis nicht, wie nah eine Mannschaft an einer Überraschung war. Der Abend in der Halle Berg Fidel war so ein Fall. Die Uni Baskets Münster lieferten den Gießen 46ers ein Spiel, in dem beide Teams lange keinen Zentimeter nachgaben – und in dem die Kulisse mit 2747 Zuschauerinnen und Zuschauern mehr als einmal das Gefühl eines Playoff-Abends erzeugte.
Gießen legte den erwarteten Start hin, Münster antwortete mit einer Mischung aus Mut, Tempo und Körperlichkeit. Nick McMullen war früh ein Faktor, sowohl beim Abschluss als auch unter dem eigenen Korb. Andrew O’Brien und Paul Viefhues setzten wichtige Treffer aus der Distanz und drehten den frühen Rückstand in eine Führung, die dem Heimteam sichtbar Stabilität gab. Jede gelungene Aktion verstärkte das Selbstvertrauen, jeder Ballgewinn ließ die Halle lauter werden.
Besonders auffällig war, wie aktiv Julian Larry in beiden Richtungen agierte. Er eroberte Bälle, leitete Schnellangriffe ein und brachte seine Mitspieler in Abschlusspositionen. Als er Mitte des zweiten Viertels erneut einen Steal holte und Neil Masnic zum Dunking bediente, hatte Münster endgültig das Momentum auf seiner Seite. Auch Cosmo Grühn, der nach Verletzungspause zurückkehrte, fügte sich sofort ein und brachte Ruhe in die Offensivstruktur.
Die Intensität war hoch, die Duelle unter dem Korb wurden härter, und Münster nahm Gießens Schützen immer wieder den Rhythmus. Dass die Gäste zur Halbzeit dennoch knapp führten, war eher das Resultat einzelner Fehler als eine klare Tendenz. Die Uni Baskets Münster machten genau das, was ihnen in den vergangenen Spielen gefehlt hatte: sie bestimmten Phasen, statt ihnen hinterherzulaufen.
Das vierte Viertel war dann das, was ein Sportjournalist einen klassischen „Münster-Abend“ nennt: laut, intensiv, emotional eng. Kaum waren zehn Sekunden gespielt, traf Grühn von außen – ein Signal, das die Halle sofort aufnahm. Gießen schlug zurück, aber Münster blieb geduldig. Viefhues punktete, Hodges setzte einen Dreier hinterher, und plötzlich führte das Team wieder.
Dass die Partie am Ende kippte, hatte viel mit der Fehlerquote in entscheidenden Momenten zu tun. Masnic verfehlte zwei freie Würfe von außen, McMullen verlor unter dem Korb den Ball, und ein Schrittfehler raubte eine weitere gute Gelegenheit. Gießen spielte in dieser Phase etwas stabiler, doch Münster blieb mit Einsatz und guter Verteidigungsarbeit dran.
26 Sekunden vor Schluss schien der Abend noch eine Wendung zu nehmen: Larry traf nach einem Foul beide Freiwürfe sicher zum 62:62, der Ball gehörte weiterhin Münster – und für einen Moment wirkte es, als könnte das Schlusslicht tatsächlich einen Favoriten stürzen. Dann aber folgte der Ballverlust, der Gießen den letzten Angriff schenkte. Und Kyle Castlin, der Topscorer der Gäste, traf den Wurf, den man in solchen Momenten schlicht „den einen entscheidenden“ nennt.
2,6 Sekunden standen noch auf der Uhr. Der letzte Versuch der Uni Baskets Münster durch Viefhues verfehlte den Ring. Das 62:64 fühlte sich nach dem Spielverlauf schwerer an, als es auf dem Papier aussieht.
In der Statistik zeigte sich das Bild: 34 Rebounds für Münster, 43 für Gießen. Dazu 17 Ballverluste – zu viele, wenn eine Partie über Nuancen entschieden wird. Dennoch bleibt ein Eindruck, den es zuletzt länger nicht gab: Dieses Team war konkurrenzfähig, emotional voll im Spiel und hätte an diesem Abend auch gewinnen können.
Für die Mannschaft geht es am kommenden Samstag zu den Merlins Crailsheim – erneut ein Gegner, der an einem guten Tag schlagbar sein kann.