
Berlin. Die Deutsche Bahn stellt Fahrgäste im Fernverkehr weiterhin auf Einschränkungen ein. Auch im Jahr 2026 wird sich die Pünktlichkeit von ICE- und IC-Zügen nur langsam verbessern. Das geht aus aktuellen Aussagen der Konzernspitze hervor und zeigt, wie tiefgreifend die strukturellen Probleme im Bahnsystem weiterhin sind.
Nach Angaben der Deutschen Bahn sollen im Jahr 2026 mindestens 60 Prozent der Fernzüge als pünktlich gelten. Diese Zielmarke nannte die Vorstandsvorsitzende Evelyn Palla bei einem Termin in Berlin. Gemessen an der aktuellen Lage wäre das lediglich ein moderater Fortschritt. In den vergangenen Monaten war nahezu jeder zweite Fernzug verspätet unterwegs. Das Ausgangsniveau bleibt damit niedrig.
Bereits 2025 zeichnete sich ein negativer Trend ab. Besonders im Fern- und Regionalverkehr sank die Pünktlichkeit spürbar. Im September 2025 erreichte der Fernverkehr mit rund 55 Prozent pünktlichen Zügen einen neuen Tiefpunkt. Auch im November lag der Wert nur bei etwas mehr als 54 Prozent. Für viele Reisende gehörten Verspätungen damit zum Alltag.
Ein wichtiger Aspekt bei der Einordnung der Zahlen ist die Definition der Deutschen Bahn. Im Fernverkehr gilt ein Zug bereits dann als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Trotz dieser vergleichsweise großzügigen Grenze verfehlt der Konzern seit Monaten selbst moderate Zielwerte deutlich. Zusätzlich weist die Bahn neben der betrieblichen auch eine sogenannte Reisendenpünktlichkeit aus, die den tatsächlichen Ankunftszeitpunkt der Fahrgäste berücksichtigt.
Als Hauptgründe nennt die Bahn ein überlastetes und störanfälliges Schienennetz. Hinzu kommen zahlreiche Baustellen, Umleitungen und kurzfristige Störungen durch Vandalismus oder Sabotage. Probleme an einzelnen Stellen wirken sich schnell auf das gesamte System aus. Verspätungen setzen sich fort und verstärken sich gegenseitig, was Experten häufig als Dominoeffekt beschreiben.
Um gegenzusteuern, will die Deutsche Bahn ihre Strukturen grundlegend verändern. Künftig sollen Regionen mehr Verantwortung übernehmen, während die Steuerung aus der Berliner Zentrale zurückgefahren wird. Der Aufsichtsrat hat diese Neuaufstellung bereits bestätigt. Die Hoffnung ist, dass Entscheidungen vor Ort schneller getroffen werden können und Abläufe effizienter werden.
Unabhängig von den kurzfristigen Erwartungen bleibt das langfristige Ziel ehrgeizig. Spätestens bis Ende 2029 sollen mindestens 70 Prozent der Fernzüge pünktlich fahren. Diese Marke ist Teil der von der Bundesregierung angekündigten Neustart-Agenda für die Bahn. Ob dieses Ziel erreichbar ist, hängt maßgeblich davon ab, ob Infrastrukturmaßnahmen und Organisationsreformen greifen.
Evelyn Palla übernahm den Vorstandsvorsitz der Deutschen Bahn zum 1. Oktober 2025, nachdem sie zuvor DB Regio geleitet hatte. Ihre Aussagen machen deutlich, dass sie keine schnellen Erfolge verspricht. Stattdessen stellt sie Fahrgäste auf mehrere weitere Jahre mit Einschränkungen ein, während der Konzern versucht, die strukturellen Probleme schrittweise zu lösen.