Jede Generation hat ihr prägendes Medium, und für die Jugend von heute ist es TikTok. Insbesondere die 14- bis 20-Jährigen verbringen täglich mehrere Stunden auf der Plattform. Während ältere Generationen der Gen Z TikTok und Instagram gleichermaßen nutzen, wird TikTok für die jüngeren zum unverzichtbaren Begleiter. Die Plattform ist nicht nur ein Unterhaltungskanal, sondern auch ein Spiegel der Bedürfnisse, Wünsche und Herausforderungen dieser Altersgruppe.
TikTok wird von Jugendlichen genutzt, um sich in ihrem Alltag zu orientieren und Inspiration zu finden. Gleichzeitig verstärkt die Plattform jedoch ein zentrales Problem der Generation Z: das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren. Der ständige Dopamin-Ausstoß beim Scrollen und die tagträumerischen Inhalte sorgen dafür, dass die Nutzerinnen und Nutzer oft stundenlang auf der Plattform verweilen, ohne ein klares Ziel zu verfolgen.
Diese Nutzung führt dazu, dass viele Jugendliche in einem emotionalen Zwiespalt stecken. Sie löschen die App immer wieder, nur um sie aus Angst, etwas zu verpassen, erneut zu installieren. Diese „On-off-Beziehung“ unterstreicht die Abhängigkeit, die TikTok bei vielen auslöst.
Eine der überraschendsten Erkenntnisse aus der Studie ist die Rolle von TikTok als Suchmaschine. Jugendliche verwenden die Plattform nicht nur, um Unterhaltung zu finden, sondern auch für praktische Recherchen. Egal ob es um Produktempfehlungen, Restauranttipps oder Reiseziele geht – TikTok liefert schnelle, visuelle Antworten. Im Gegensatz zu klassischen Plattformen wie Google oder Instagram gelten die Inhalte auf TikTok als authentischer, da sie häufig von Nutzern mit wenigen Followern erstellt werden.
Die tiefenpsychologische Studie zeigt, dass TikTok in zwei verschiedenen psychologischen Verfassungen genutzt wird:
Aktiv-realitätsnahe Nutzung: TikTok ersetzt klassische Suchmaschinen und wird für die Alltagsorganisation genutzt. Videos zu Themen wie Fitness, Kochrezepte, Mindset oder Life-Hacks bieten schnelle Lösungen für den Alltag. Besonders beliebt sind Inhalte, die das Gefühl vermitteln, durch einfache Schritte mehr Kontrolle und Effizienz im Leben zu erreichen.
Passiv-tagträumerische Nutzung: In dieser Verfassung gleicht TikTok einem kollektiven Tagtraum. Die Nutzer verlieren sich in fremdbestimmten Inhalten, die vom Algorithmus vorgegeben werden. Während sie zunächst entspannen wollen, fühlen sie sich nach stundenlangem Konsum oft erschöpft und fremdbestimmt.
TikTok hat sich als unverzichtbarer Trendsetter etabliert. Virale Inhalte entstehen hier oft Wochen, bevor sie auf anderen Plattformen wie Instagram oder YouTube auftauchen. Jugendliche fühlen sich durch die Teilnahme an Trends als Teil einer Gemeinschaft und nutzen TikTok, um sich über aktuelle Memes und Themen auszutauschen. Diese Memes fungieren fast wie eine eigene Sprache, die nur von regelmäßigen Nutzern verstanden wird. Wer die Trends verpasst, verliert nicht nur den Anschluss an die Plattform, sondern auch an die soziale Dynamik innerhalb seiner Altersgruppe.
Besonders deutlich zeigt sich die Wirkung von TikTok in der Kosmetikbranche. Die Plattform hat sich zu einer zentralen Anlaufstelle für Produktempfehlungen, Beauty-Routinen und Tutorials entwickelt. Jugendliche finden auf TikTok nicht nur Inspiration, sondern auch Vertrauen. Authentische Reviews und günstige Alternativen, sogenannte Dupes, stehen dabei im Fokus. Produkte, die auf TikTok viral gehen, sind oft innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Für Marken im Kosmetikbereich ist TikTok daher eine unverzichtbare Plattform, um junge Zielgruppen zu erreichen.
Die Nutzung von TikTok hat nicht nur praktische, sondern auch emotionale Auswirkungen. Einerseits vermittelt die Plattform das Gefühl, durch Inspiration und Motivation das eigene Potenzial besser nutzen zu können. Andererseits führt der ständige Konsum fremdbestimmter Inhalte zu einer Überforderung. Viele Jugendliche fühlen sich nach der Nutzung erschöpft, da sie weder die eigenen Gedanken verarbeiten noch den Content der Plattform vollständig aufnehmen können.
Die Studie zeigt, dass TikTok sowohl als Orientierungshilfe als auch als Ursache für Kontrollverlust wahrgenommen wird. Einerseits schätzen Jugendliche die Suchfunktion und die Möglichkeit, sich schnell zu informieren. Andererseits spüren sie die Abhängigkeit, die durch ständiges Scrollen und den Druck, nichts zu verpassen, entsteht. Diese Ambivalenz ist charakteristisch für die Beziehung der Generation Z zu TikTok.
TikTok hat sich als unverzichtbares Medium etabliert, das die Jugend auf vielfältige Weise beeinflusst. Es bietet Orientierung, Inspiration und Gemeinschaft, trägt jedoch auch zum Gefühl des Kontrollverlustes bei. Für Unternehmen, insbesondere in der Kosmetikbranche, eröffnet TikTok enorme Potenziale, um junge Zielgruppen authentisch und effektiv anzusprechen. Dennoch bleibt die Frage, wie die Generation Z einen verantwortungsvollen Umgang mit der Plattform finden kann, um deren Vorteile ohne die negativen Auswirkungen zu nutzen.