
Münster/Warendorf. Am 23. August 2025 verwandelt sich die Bundesstraße 64 rund um Warendorf in eine Protestroute. Hunderte Radfahrende und Dutzende Traktoren brechen zeitgleich aus Münster und Herzebrock-Clarholz zur B64n-Sternfahrt in Warendorf auf. Zwischen 14 und 15 Uhr erreichen die Demonstrationszüge den Lohwall in Warendorf, wo eine zentrale Kundgebung geplant ist. Ziel der Aktion: Ein deutliches Signal an Politik und Öffentlichkeit, den vierspurigen Ausbau der B64n zu stoppen.
Die Protestfahrt wird von mehreren Bürgerinitiativen getragen, darunter die Interessengemeinschaft Warendorf-Süd (IWS), die Initiative „B64n-Nein“ und die Bürgerinitiative Verkehrskonzept Warendorf (BVW). Diese Gruppen vernetzen sich entlang der gesamten geplanten Trasse. Seit Jahren warnen sie vor den ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen des Straßenprojekts. Die Sternfahrt ist Teil einer breiten Bewegung für eine nachhaltigere Verkehrspolitik in der Region.
Das Straßenbauvorhaben ist Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans 2030 und trägt die Bezeichnung BVWP-Nr. B64/B51-G10-NW. Vorgesehen ist ein dreispuriger Ausbau beziehungsweise ein vierspuriger Neubau auf insgesamt 29 Kilometern zwischen Münster und Herzebrock-Clarholz. Für den Abschnitt Warendorf sind 9,5 Kilometer als kompletter Neubau geplant. Die bisher angesetzten Kosten liegen inzwischen mehr als 112 Prozent über den ursprünglichen Schätzungen.
In Warendorf-Süd wurde am 28. Mai 2025 der Planfeststellungsantrag bei der Bezirksregierung Münster eingereicht. Eine öffentliche Auslegung der Unterlagen steht noch aus. In Herzebrock-Clarholz läuft das Verfahren weiter fortgeschritten, dort wird die Auslegung für den Herbst erwartet. Trotz dieser formellen Schritte lehnen nahezu alle betroffenen Gemeinderäte entlang der Strecke die aktuellen Pläne ab. Die Kritik richtet sich vor allem gegen veraltete Verkehrszahlen, massive Eingriffe in Natur und Landschaft sowie eine klimapolitisch rückwärtsgewandte Planung.
Die Initiativen argumentieren, dass der Bedarf für einen vierspurigen Ausbau nicht mehr gegeben sei. Verkehrszählungen aus dem Jahr 2012 seien längst überholt. Neue Daten zeigen deutlich weniger Fahrleistung. Hinzu kommt: Die geplante Trasse durchquert wertvolle Naturräume, unter anderem die Emsaue, sowie geschützte Landwirtschaftsflächen. Die zusätzliche Flächenversiegelung steht im klaren Widerspruch zu den Klimazielen des Bundes.
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Gegenteilige Stimmen kommen aus der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen sowie von Logistikverbänden. Sie loben die B64n als dringend benötigte Entlastungsstrecke zwischen den Autobahnen A1 und A2. Der Beginn der Planfeststellungsverfahren wird von ihnen ausdrücklich begrüßt.
Die Polizei Warendorf hat die Demonstration unter dem Titel „G4+2 gegen B64n“ genehmigt und begleitet die beiden Aufzüge. Aus Münster-Handorf startet der Tross um 12 Uhr mit einem Trecker, einem Pkw und bis zu 150 Fahrrädern. In Telgte stoßen weitere Radfahrer hinzu, später bei der Gaststätte Allendorf rund 25 Trecker und 20 Fahrräder. Der Weg führt über die B51 und B64 bis zum Lohwall in Warendorf.
Der zweite Aufzug beginnt um 13 Uhr am Rathaus Herzebrock mit fünf Treckern und 20 Fahrrädern. In Clarholz, Beelen und Vohren schließen sich weitere Teilnehmer an – insgesamt mehrere Dutzend Traktoren und rund 100 Radfahrende. Beide Züge erreichen gegen 15 Uhr den Unteren Lohwall, wo die Kundgebung mit Redebeiträgen bis etwa 16 Uhr dauert.
Die Polizei weist darauf hin, dass es zwischen 12 und 15 Uhr zu erheblichen Behinderungen auf der B64 sowie auf Zubringerstraßen kommen kann. Besonders betroffen sind die L792 und die K15. Auch Bus- und Bahnverbindungen können zeitweise eingeschränkt sein. Verkehrsteilnehmern wird empfohlen, den Bereich großräumig zu umfahren.
Die öffentliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen wird für Ende 2025 erwartet. Dann können Bürger vier Wochen lang schriftlich Einwendungen einreichen. Die Organisatoren der Sternfahrt wollen bereits im Vorfeld politischen Druck aufbauen – mit dem Ziel, die Planungen in Berlin zu stoppen und Alternativen auf den Weg zu bringen.