
Münster. Vor dem Landgericht Münster wird seit Mitte Dezember ein umfangreicher Prozess gegen eine 57 Jahre alte Frau aus Everswinkel fortgesetzt. Die Anklage wirft der Beschuldigten eine Vielzahl von Straftaten vor, die sich über mehrere Jahre und mehrere Orte im Münsterland erstrecken sollen. Im Mittelpunkt der jüngsten Verhandlung standen Zeugenaussagen von Polizeibeamten und einer Zivilperson, die Einblicke in das Verhalten der Angeklagten und mögliche Fragen zur Schuldfähigkeit lieferten.
Nach aktuellem Stand geht es in dem Verfahren um 24 Anklagepunkte, die insgesamt 37 einzelne Straftaten umfassen sollen. In früheren Berichten war noch von 23 Anklagen die Rede, was auf unterschiedliche Zählweisen oder eine Anpassung des Verfahrensstands hindeuten könnte. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, über einen Zeitraum von rund vier Jahren immer wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Die mutmaßlichen Taten sollen sich unter anderem in Everswinkel, Warendorf und Münster ereignet haben. Genannt werden zahlreiche Körperverletzungsdelikte, Angriffe auf Polizeibeamte sowie weitere Straftaten wie Beleidigungen, Diebstähle und Hausfriedensbruch.
Am jüngsten Verhandlungstag sagten mehrere Polizeibeamte sowie ein Verkäufer aus Münster aus. Ein Polizist schilderte einen Einsatz nach einer Sachbeschädigung am Bahnhof in Warendorf. Während des Transports zur Wache habe die Angeklagte mehrfach versucht, sich aus dem Sicherheitsgurt zu befreien. Dabei sei es zu einem Schlag mit dem Handrücken gegen die Oberlippe eines Beamten gekommen, die daraufhin anschwoll. Ein weiterer Polizist bestätigte den Vorfall und beschrieb die Frau als unberechenbar und jederzeit angriffslustig.
Ein weiterer Vorwurf betrifft einen Zwischenfall in einem Geschäft an der Salzstraße in Münster. Dort sei die Frau wegen ihres Verhaltens zunächst des Ladens verwiesen worden. Kurz darauf sei sie zurückgekehrt. Beim erneuten Hinausführen habe sie dem Verkäufer einen Faustschlag gegen den Kiefer versetzt, so die Aussage des Zeugen vor Gericht.
Während der Zeugenaussagen wirkte die Angeklagte nach Beobachtung im Saal auffällig passiv. Sie saß neben ihrem Verteidiger, lächelte zeitweise und schloss stellenweise die Augen. Dieses Verhalten spielte auch bei einer zentralen Frage des Verfahrens eine Rolle: der möglichen Schuldfähigkeit. Der Vorsitzende Richter erkundigte sich bei einem Zeugen nach dessen Eindruck. Dieser äußerte sinngemäß Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der Frau, was für die strafrechtliche Bewertung von Bedeutung sein könnte.
Nach Angaben im Verfahren ist die 57-Jährige derzeit in einer Klinik des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe untergebracht. Eine solche Unterbringung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn bei einer schweren psychischen Erkrankung eine Gefährdung für andere besteht. In diesen Fällen kann eine Einweisung nach Paragraf 63 Strafgesetzbuch erfolgen, die nicht zeitlich befristet ist, sondern von Therapieerfolg und Prognose abhängt.
Das Verfahren vor dem Landgericht Münster ist noch nicht abgeschlossen. Die Kammer hat weitere Zeugenaussagen angekündigt. Die nächste Fortsetzung der Verhandlung ist für den 2. Januar angesetzt. Dann soll das Bild der mutmaßlichen Taten weiter vervollständigt und die Frage der Schuldfähigkeit vertieft werden.