
Münster. Der Taser gehört in Münster inzwischen zum polizeilichen Alltag. Seit Dezember 2022 ist das Distanzelektroimpulsgerät in allen Wachen im Einsatz. Eine landesweite Evaluation, die nun im Landtag vorgestellt wurde, wirft jedoch einen nüchternen Blick auf die Frage, ob das zusätzliche Einsatzmittel messbar etwas verändert. Für Münster fällt das Ergebnis ernüchternd aus: Eine klare Wirkung auf die Zahl tätlicher Angriffe lässt sich nicht erkennen.
Nordrhein-Westfalen erprobt den Einsatz von Tasern im Wachdienst bereits seit Januar 2021. Zunächst wurden ausgewählte Kreispolizeibehörden ausgestattet, um Erfahrungen mit dem Gerät zu sammeln. Ziel war es, zu prüfen, ob der Taser in bestimmten Einsatzlagen zur Deeskalation beitragen kann und wie praktikabel er im Alltag ist.
Mit der wissenschaftlichen Begleitung beauftragte das Innenministerium NRW die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen. Der nun vorliegende Ergebnisbericht wurde im November 2025 im Landtag vorgestellt und bildet eine zentrale Grundlage für die weitere politische Debatte.
Die Evaluation geht deutlich über eine reine Zählung von Einsätzen hinaus. Untersucht wurden vier Themenfelder: die Praktikabilität des Geräts im Einsatz, die konkrete Anwendung, mögliche Wirkungen sowie Fragen der Aus- und Fortbildung. Grundlage dafür waren quantitative und qualitative Befragungen von Polizeikräften, teilnehmende Beobachtungen im Einsatzalltag sowie statistische Auswertungen polizeilicher Daten.
Parallel dazu erstellte die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin ein sozialwissenschaftliches Gutachten. Darin wurde insbesondere die Wahrnehmung des Tasers durch Polizistinnen und Polizisten untersucht. Beide Studien zusammen sollen ein möglichst umfassendes Bild liefern.
Für Münster hält der Bericht fest: Der Taser wird genutzt. Im Jahr 2023 kam das Gerät 62 Mal zum Einsatz, etwas häufiger als im landesweiten Durchschnitt. Gleichzeitig ordnet die Evaluation Münster einer Gruppe von Kreispolizeibehörden zu, bei denen sich nach Einführung des Tasers keine erkennbare Veränderung bei der Häufigkeit tätlicher Angriffe gegen Polizeikräfte feststellen lässt.
Vor der Einführung ist ein leichter Anstieg der Fallzahlen zu erkennen, danach folgt eine Phase der Stagnation. Am Ende der betrachteten Zeitreihe liegen die Werte wieder auf einem ähnlichen Niveau wie zuvor. Ein klarer Einschnitt oder eine Trendwende bleibt aus.
Auf den ersten Blick klingt das nach einem Nullbefund. Tatsächlich zeigt das Münster-Ergebnis vor allem die Grenzen einfacher Wirkversprechen. Der Bericht betont, dass bei vergleichsweise niedrigen Fallzahlen einzelne Ereignisse statistisch stark ins Gewicht fallen können. Große Aussagen über Sicherheit oder Unsicherheit lassen sich daraus nicht seriös ableiten.
Zugleich macht der NRW-Vergleich deutlich, wie unterschiedlich die Entwicklungen ausfallen. Während einige Behörden Hinweise auf sinkende registrierte Angriffe zeigen, verzeichnen andere höhere Werte. Münster liegt dazwischen – unauffällig, aber genau deshalb interessant.
Was die Evaluation offenlässt, ist die lokale Geschichte hinter den Zahlen. In welchen Lagen wurde der Taser in Münster eingesetzt? Ging es um Bedrohungssituationen, psychische Ausnahmelagen oder aggressive Widerstände? Und wie bewerten die Einsatzkräfte selbst den Nutzen des Geräts im konkreten Moment?
Die Studie kann diese Fragen nicht beantworten – sie liefert dafür aber den Rahmen. Für Münster heißt das: Der Taser ist angekommen, er wird genutzt, doch seine Wirkung lässt sich nicht auf eine einfache Kennzahl reduzieren.
Für die politische Diskussion ist genau das entscheidend. Die NRW-Evaluation zeigt, dass der Taser weder das Allheilmittel ist, als das er teilweise dargestellt wird, noch automatisch neue Probleme schafft. In Münster bleibt die Lage statistisch stabil.
Damit liefert der Bericht vor allem eines: eine sachliche Grundlage. Und die Erkenntnis, dass Sicherheit im Einsatz nicht allein durch neue Technik entsteht, sondern durch Ausbildung, Erfahrung und den Umgang mit komplexen Situationen vor Ort.