
Münster. Ein internationales Forschungsteam, an dem auch die Universität Münster beteiligt ist, hat in einer bahnbrechenden Studie neue Hinweise auf die Entstehung und chemische Entwicklung der Mondkruste geliefert. Die Forscher untersuchten dabei die Verteilung von Halogenen, wie Chlor und Fluor, auf dem Mond. Die Ergebnisse dieser Forschung könnten unser Verständnis der geologischen Prozesse auf dem Mond revolutionieren.
Halogene, zu denen Chlor und Fluor gehören, sind leichtflüchtige Elemente, die in vielen geologischen Prozessen eine wichtige Rolle spielen. Auf dem Mond sind sie besonders von Interesse, da sie uns Informationen über die Entstehung und Entwicklung des Erdtrabanten liefern können. Bislang war es jedoch schwierig zu verstehen, wie sich diese Elemente auf dem Mond verteilen und welche Auswirkungen sie auf die Bildung der Mondkruste haben.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern der Universität Münster, der Universität Ehime (Japan) und der Vrije Universität Amsterdam hat nun in Laborversuchen nachgestellt, wie sich Mondgesteine unter extremen Bedingungen bilden. Dabei entdeckten die Forscher, dass die Gesteine auf der erdzugewandten Seite des Mondes überraschend viel Chlor enthalten.
Die Mondkruste besteht hauptsächlich aus zwei Gesteinsarten: den hellen Hochlandgesteinen und den dunklen basaltischen Gesteinen. Auf der erdzugewandten Seite des Mondes sind beide Arten in etwa gleicher Häufigkeit vertreten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Mondes hingegen, wo deutlich weniger Basalte vorkommen, zeigt sich eine andere chemische Zusammensetzung. Die neue Studie legt nahe, dass Chlor eine Schlüsselrolle bei der Verteilung dieser Gesteinsarten spielt.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Chlor beim Aufschmelzen der Mondgesteine sehr ungewöhnlich verteilt“, erklärt Prof. Dr. Stephan Klemme vom Institut für Mineralogie der Universität Münster. „Die Gesteine der erdzugewandten Seite des Mondes enthalten überraschend viel Chlor, was auf vulkanische Aktivitäten und chemische Veränderungen durch chlorhaltige Gase hindeutet.“
Die Forscher simulierten im Labor die Bedingungen, die während der frühen Phase der Mondgeschichte herrschten, als der Mond nahezu vollständig aufgeschmolzen war. In einer Hochdruckpresse erzeugten sie Mondminerale und Schmelzen bei extrem hohen Temperaturen und Drücken. Dabei fügten sie gezielt Chlor hinzu, um die Verteilung dieses Elements in den künstlich erzeugten Mondgesteinen zu beobachten.
„Die simulierten Mondgesteine haben uns geholfen, die chemischen Veränderungen während der Entstehung der Mondkruste besser zu verstehen“, erklärt Dr. Jasper Berndt, ebenfalls vom Institut für Mineralogie der Universität Münster. „Die Experimente liefern uns wertvolle Erkenntnisse darüber, wie die Mondkruste aus den Schmelzen des tiefen Mondmagma-Ozeans entstanden sein könnte.“
Die neuen Erkenntnisse könnten entscheidend dazu beitragen, die geologischen Prozesse auf dem Mond besser zu verstehen. Ein spannender Schritt wird es sein, die Ergebnisse der Laboruntersuchungen mit tatsächlichen Mondproben zu vergleichen, die im Juni 2024 von der chinesischen Raumsonde Chang’e-6 von der Rückseite des Mondes zur Erde gebracht werden.
„Es wird interessant sein zu sehen, ob die Gesteinsproben von der Rückseite des Mondes ähnliche chemische Veränderungen zeigen“, so Klemme. „Diese Proben könnten uns dabei helfen, ein vollständigeres Bild der Entstehungsgeschichte des Mondes zu erhalten.“
Die aktuelle Studie stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Mondforschung dar und könnte neue Perspektiven für die geologische Untersuchung unseres Erdtrabanten eröffnen. Die Entdeckung der Chlorverteilung in den Mondgesteinen ist ein wichtiger Schritt, um die chemischen Prozesse zu verstehen, die zur Bildung der Mondkruste geführt haben.