
Münster. Die Abfallgebühren in Münster steigen 2026 um 6,95 Prozent. Der Rat der Stadt hat am Mittwoch, 10. Dezember, dem Wirtschaftsplan der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster zugestimmt. Formal ist die Entscheidung damit gefallen. Politisch jedoch endet die Debatte mit dem Beschluss nicht. Denn die Fraktionen setzen nach der Abstimmung sehr unterschiedliche Akzente und machen deutlich, dass es weniger um das kommende Jahr als um den künftigen Kurs der AWM geht.
Nach Angaben der Stadt ist es die erste Gebührenerhöhung seit vier Jahren. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt bedeutet der Beschluss umgerechnet rund 1,60 Euro mehr im Monat. Als Hauptgründe nennt die Verwaltung gestiegene Personal-, Material- und Betriebskosten. Diese könnten – anders als in den Vorjahren – nicht mehr vollständig durch Gebührenüberschüsse sowie Erlöse aus der Vermarktung von Papier, Metall und Altholz ausgeglichen werden.
Gleichzeitig fällt der Anstieg geringer aus als noch im vergangenen Jahr prognostiziert. Damals hatten die AWM für 2026 einen Gebührenanstieg von rund elf Prozent erwartet. Dass es nun knapp sieben Prozent sind, führt die Stadt vor allem auf niedrigere Kosten bei gesetzlich vorgeschriebenen Nachsorgemaßnahmen der Zentraldeponie in Münster-Coerde zurück. Insbesondere Preise für Füll- und Abdeckmaterialien seien deutlich gesunken.
Brisant ist aus Sicht vieler Ratsmitglieder weniger der Beschluss für 2026 als der Blick nach vorn. Für 2027 und 2028 prognostizieren die AWM unter Berücksichtigung weiter steigender Kosten jeweils einen erneuten Gebührenanstieg von rund sieben Prozent. Diese Perspektive bildet den Kern der politischen Differenzen im Rat.
Über die Abfallgebühren wird in Münster ein umfangreiches Leistungsangebot finanziert. Dazu zählen unter anderem die Papier- und Wertstofftonne, die monatliche Sperrgut- und Grünabfallabfuhr, die Abholung großer Elektrogeräte nach Anmeldung sowie ein Netz von elf Recyclinghöfen. Wie dieses Angebot künftig finanziert und organisiert werden soll, bewerten die Fraktionen unterschiedlich.
Volt ordnet die beschlossene Erhöhung als nachvollziehbar ein. Nach vier Jahren ohne Anpassung sei der Schritt notwendig, um den zuverlässigen Service der AWM zu sichern. Die Fraktion verweist auf die Bedeutung der Abfallwirtschaft für Umwelt- und Klimaschutz sowie auf faire Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.
Gleichzeitig betont Volt, dass Gebührensteigerungen nicht zur regelmäßigen Routine werden dürften. Erwartet wird ein Effizienzsteigerungsprogramm, das künftige Erhöhungen abfedert und die Wirtschaftlichkeit der AWM stärkt. Die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern müsse gewahrt bleiben.
Deutlich kritischer fällt die Bewertung der FDP Münster aus. Die Liberalen sprechen von einer fehlenden Bereitschaft im Rat, offen darüber zu diskutieren, wie Abfallgebühren zumindest stabilisiert werden könnten. Gemeinsam mit der CDU hatte die FDP beantragt, das Verhältnis zwischen Stadt und AWM neu aufzustellen, überplanmäßige Stellen zu überprüfen und die Gesellschaft finanziell zu stärken.
Dieser Antrag wurde vom Ratsbündnis abgelehnt. Die Verwaltungsvorlage zur Gebührenerhöhung wurde gegen die Stimmen von FDP und CDU beschlossen. Die FDP kündigt an, weiter für eine umfassende Aufgabenkritik zu werben, um eine aus ihrer Sicht drohende Gebührenspirale zu verhindern.
Auch die SPD richtet ihren Fokus vor allem auf die Jahre nach 2026. Die Sozialdemokraten akzeptieren die aktuelle Erhöhung faktisch, warnen jedoch vor einer langfristigen Kostenentwicklung. In der Gebührenvorausschau der Verwaltung sehen sie die Gefahr einer Preisspirale.
SPD-Umweltpolitiker Stephan Brinktrine verweist auf Beispielrechnungen, nach denen eine vierköpfige Familie aktuell rund 270 Euro im Jahr zahlt, nach den vorliegenden Planungen im Jahr 2030 aber bei etwa 356 Euro liegen könnte. Die SPD fordert daher einen Kurswechsel. Ein Effizienzsteigerungsprogramm mit stärkerer Prozessoptimierung, Digitalisierung und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz soll helfen, die prognostizierten Steigerungen ab 2027 deutlich zu senken. Reiche das nicht aus, müsse auch über den Umfang einzelner Serviceangebote gesprochen werden.
Neben den Abfallgebühren steigen 2026 auch die Straßenreinigungsgebühren. Im Durchschnitt erhöhen sie sich um 9,35 Prozent. Die Vollreinigung von Anliegerstraßen kostet künftig beispielsweise 7,20 Euro pro Frontmeter und Jahr, was einem Plus von 60 Cent entspricht. Auch hier verweist die Stadt auf Kostensteigerungen, die nicht mehr vollständig durch Überschüsse aus den Vorjahren kompensiert werden können.
Mit dem Ratsbeschluss ist die Gebührenfrage für 2026 entschieden. Politisch markiert die Abstimmung jedoch keinen Schlusspunkt. Die sehr unterschiedlichen Bewertungen von Volt, FDP und SPD zeigen, dass der künftige Kurs der AWM, Fragen der Effizienz und der Umgang mit weiteren Kostensteigerungen den Rat auch in den kommenden Jahren beschäftigen werden.