
Münster. Wenn im Krankenhaus oder in der Arztpraxis etwas schiefläuft, steht oft der Verdacht auf einen Behandlungsfehler im Raum. Wie der Medizinische Dienst Westfalen-Lippe (MD WL) mit Sitz in Münster mitteilt, wurde er im vergangenen Jahr in 727 Fällen um eine Prüfung gebeten. In 104 Fällen bestätigte sich tatsächlich ein Fehler – 77 Patientinnen und Patienten trugen dadurch einen gesundheitlichen Schaden davon.
Behandlungsfehler sind selten, doch ihre Folgen können gravierend sein. Der Medizinische Dienst betont, dass die Aufklärung solcher Fälle nicht nur den Betroffenen hilft, sondern das gesamte Gesundheitssystem stärkt. Denn wer Fehler erkennt und offenlegt, kann daraus lernen – und künftige vermeiden.
Die Gutachterinnen und Gutachter des MD WL haben 2024 nicht nur umfassende Fallprüfungen durchgeführt, sondern auch 290 Stellungnahmen für Versicherte verfasst. Diese Arbeit trägt zur Transparenz bei und hilft, Missverständnisse zwischen Ärztinnen, Kliniken und Patientinnen zu klären. „Jede sachliche Aufarbeitung eines Vorwurfs ist ein Schritt zu mehr Sicherheit in der Versorgung“, heißt es aus Münster.
Nach Einschätzung des Dienstes entstehen durch Behandlungsfehler auch volkswirtschaftliche Schäden: Folgebehandlungen, Arbeitsausfälle oder längere Pflegebedürftigkeit belasten die Solidargemeinschaft erheblich.
Die Auswertung zeigt, in welchen medizinischen Bereichen Fehler am häufigsten vermutet werden. Rund ein Drittel aller geprüften Fälle (247 Verdachtsmeldungen) betraf chirurgische und orthopädische Behandlungen. Danach folgen die Zahnmedizin und Kieferorthopädie mit 128 Fällen, die Gynäkologie einschließlich Geburtshilfe mit 96 Fällen sowie die Innere Medizin mit 60 Prüfungen. In 54 Fällen standen pflegerische Tätigkeiten im Fokus.
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Zwei Drittel der Vorwürfe beziehen sich auf stationäre Behandlungen in Krankenhäusern, ein Drittel auf ambulante Eingriffe in Praxen. Nach Einschätzung des Medizinischen Dienstes liegt das unter anderem an der höheren Komplexität klinischer Abläufe und der Vielzahl beteiligter Fachkräfte.
Der Medizinische Dienst Westfalen-Lippe mit Sitz in Münster ist die zentrale Prüfstelle für Fragen der Behandlungsqualität in der Region. Seine Gutachten sind Grundlage für Versicherungen, Gerichte und Patientinnen, wenn es um die Klärung medizinischer Streitfälle geht.
Mit der jährlichen Auswertung will der Dienst nicht nur über Zahlen informieren, sondern auch die Debatte über Fehlerkultur und Patientensicherheit fördern. Denn hinter jeder Statistik stehen reale Schicksale – und die Chance, aus Fehlern zu lernen.