
Münster. Nach der Kommunalwahl steht Münster vor ungewöhnlich spannenden Abstimmungen: In gleich drei Bezirksvertretungen – Ost, Südost und Hiltrup – herrscht eine perfekte Patt-Situation zwischen den politischen Lagern. CDU und FDP verfügen jeweils über neun Stimmen, ebenso wie das Bündnis aus Grünen, SPD, Linken und Volt. In allen drei Gremien sitzt zudem ein AfD-Vertreter – und genau diese Konstellation macht die anstehenden Bezirksbürgermeister-Wahlen zum Politkrimi.
Jede Bezirksvertretung in Münster besteht aus 19 Mitgliedern. Nach dem amtlichen Endergebnis der Kommunalwahl 2025 ergibt sich in drei Bezirken ein identisches Bild: Das bürgerliche Lager aus CDU und FDP kommt auf neun Stimmen, das progressive Bündnis aus Grünen, SPD, Linken und Volt ebenfalls auf neun. Hinzu kommt jeweils ein Sitz der AfD.
Diese rechnerische Gleichverteilung sorgt für Spannung, denn in den konstituierenden Sitzungen Anfang November müssen die Bezirksvertretungen ihre Vorsitzenden aus der Mitte wählen. Wer keine absolute Mehrheit erhält, geht in die engere Wahl – und kommt es dort erneut zu Stimmengleichheit, entscheidet das Los. So sieht es die Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens (§ 50 GO NRW) vor, die auch für Münster gilt.
In der Bezirksvertretung Hiltrup sind die Fronten klar verteilt. CDU und FDP verfügen zusammen über neun Sitze, Grüne, SPD, Linke und Volt ebenfalls über neun. Den letzten Sitz hält der AfD-Vertreter Hans-Jürgen Scholte. Damit ist eine klassische 9:9-Situation entstanden, bei der jede Enthaltung oder jede abweichende Stimme den Ausschlag geben kann.
Ein Losentscheid wäre kein Novum: In Münster-Südost hatten sich die Fraktionen schon 2020 überparteilich auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigt, um genau eine solche Situation zu vermeiden. Ob dies erneut gelingt, ist offen.
Auch im Bezirk Südost gibt es dieselbe Ausgangslage. Die CDU hat dort acht Mandate, die FDP eines, Grüne, SPD, Linke und Volt zusammen neun. Der AfD-Vertreter Ludger ter Smitten komplettiert das Gremium. Damit steht auch hier ein möglicher Losentscheid im Raum, falls keine Einigung gelingt.
Inhaltlich gilt der Bezirk als besonders heterogen, da sich urbane Stadtteile wie Gremmendorf und ländlichere Gebiete wie Angelmodde mischen – und die politischen Mehrheiten in der Vergangenheit mehrfach wechselten.
Im Bezirk Ost zeigt sich das gleiche Muster. Acht Sitze für die CDU, einer für die FDP, neun für Grüne, SPD, Linke und Volt, dazu ein Sitz für den AfD-Politiker Holger Lucius. Damit herrscht rechnerisch auch hier ein Gleichstand zwischen den beiden großen Lagern.
Ob die Fraktionen im Osten eine gemeinsame Lösung finden oder getrennt antreten, wird sich in der konstituierenden Sitzung im November zeigen. Sicher ist: Ohne Einigung könnte der Zufall entscheiden, wer künftig den Stadtbezirk repräsentiert.
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Kommt es bei einer Personenwahl zu Stimmengleichheit, entscheidet nach der Gemeindeordnung das Los. In Münster wird dieses Verfahren öffentlich durchgeführt – meist durch Ziehung eines Namenszettels aus einer Urne oder Schale durch die oder den Vorsitzenden.
Losentscheide sind selten, aber zulässig. Zuletzt kam es 2023 in der Bezirksvertretung Mitte zu einer solchen Situation, als SPD und Grüne gleichauf lagen. Nach drei Wahlgängen entschied das Los – und fiel zugunsten von Martin Honderboom (SPD) aus.
Die bevorstehenden Bezirksbürgermeister-Wahlen haben über die Stadtteile hinaus symbolische Bedeutung. In allen drei betroffenen Bezirken verfügen die demokratischen Parteien zusammen über 18 der 19 Sitze – wollen aber vermeiden, dass eine einzelne AfD-Stimme über die Ämter entscheidet.
Ob es zu Einigungen, Enthaltungen oder Losentscheiden kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Klar ist schon jetzt: Münster steht vor einer seltenen Konstellation, die über den künftigen Stil kommunaler Zusammenarbeit entscheiden könnte.