Durchsuchung bei den Taubenfreunden: Stadt nennt Details, Verein widerspricht

Durchsuchung bei Taubenfreunden Münster: Stadt nennt Details
Symbolbild: Freddy2001, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Münster. Bei den Taubenfreunden Münster e.V. hat es Mitte Dezember eine Durchsuchung gegeben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Anzeige des städtischen Gesundheits- und Veterinäramtes. Die Stadt nennt nun konkrete Vorwürfe, darunter eine aus ihrer Sicht mangelhafte tierärztliche Versorgung, nicht artgerechte Unterbringung sowie den Fund verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel. Zehn Tauben wurden eingeschläfert. Die Vereinsvorsitzende Daniela Weber widerspricht zentralen Punkten, insbesondere bei der Stromversorgung, der Unterbringung und der Frage, ob Wildtauben auswilderungsfähig gewesen seien. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Durchsuchung auf Anordnung der Staatsanwaltschaft

Der Einsatz von Polizei, Ordnungsamt sowie dem Gesundheits- und Veterinäramt bei der Tauben-Pflegestelle der Taubenfreunde in Münster war eine Durchsuchung auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Münster. Das teilte die Stadt Münster auf Anfrage von ms-aktuell.de über das Amt für Kommunikation mit. Grundlage sei eine Strafanzeige des städtischen Gesundheits- und Veterinäramtes wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sowie das Tierarzneimittelgesetz. Ordnungsamt und Gesundheits- und Veterinäramt seien im Rahmen der Amtshilfe vor Ort gewesen.

Nach Angaben der Stadt wurden die vor Ort befindlichen Tauben tierärztlich untersucht und erfasst, Stadt- und Ziertauben zusätzlich gekennzeichnet. Zehn Tiere seien eingeschläfert worden. Einzelne Tauben seien für weitere Untersuchungen, etwa Röntgenaufnahmen, in eine Tierarztpraxis gebracht worden. Die strafrechtlichen Ermittlungen liegen bei der Staatsanwaltschaft Münster. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Welche Vorwürfe das Gesundheits- und Veterinäramt erhebt

Die Stadt Münster benennt mehrere Punkte, die aus Sicht des Gesundheits- und Veterinäramtes im Raum stehen. Demnach soll insbesondere gegen § 2 des Tierschutzgesetzes verstoßen worden sein, weil Halterpflichten verletzt worden seien. Außerdem wird der Vorwurf erhoben, dass entgegen der erteilten Erlaubnis nach § 11 des Tierschutzgesetz für eine tierheimähnliche Einrichtung gehandelt worden sei.

Inhaltlich nennt die Stadt zwei Kernkritikpunkte. Zum einen sei bei einzelnen Tieren eine mangelhafte tierärztliche Versorgung offenkundig gewesen. Zum anderen seien Wild- und Stadttauben erkennbar nicht artgerecht untergebracht worden.

Darüber hinaus teilt die Stadt mit, dass bei der Durchsuchung Tierarzneimittel aus den Niederlanden vorgefunden worden seien, darunter sogenannte Reserve-Antibiotika. Diese seien in Deutschland verschreibungspflichtig. Eine entsprechende Verschreibung habe nicht vorgelegen, ebenso wenig ein Nachweis über einen Bezug aus Apotheken. Das Amt sieht darin einen möglichen Verstoß gegen § 49 Absatz 7 des Tierarzneimittelgesetzes.

Zehn Tauben eingeschläfert: So begründet die Stadt die Entscheidung

Zur Euthanasie macht die Stadt Münster konkrete Angaben. Zehn Tauben seien aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes, der keine Aussicht auf Besserung erwarten ließ, durch eine amtliche Tierärztin eingeschläfert worden. Nach Angaben der Stadt sei die Entscheidung im Einvernehmen mit hinzugezogenen praktizierenden Tierärzten getroffen worden.

Unter den eingeschläferten Tieren seien auch Wildtauben gewesen. Diese dürften grundsätzlich nur zur Versorgung ihrer Verletzungen der Natur entnommen werden und müssten danach unverzüglich wieder ausgewildert werden. Die betroffenen Tiere hätten jedoch wegen Krankheit oder Verletzung nie wieder ausgewildert werden können.

Die eingeschläferten Tauben seien an das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-Mel) zur weiteren Diagnostik gegeben worden. Die Untersuchungsergebnisse würden den ermittelnden Behörden mitgeteilt. Wenige Tauben seien zudem zur weiteren Untersuchung in eine Tierarztpraxis gebracht und nach Abschluss der Untersuchung bis auf eine wieder an den Verein zurückgegeben worden.

Aufnahmestopp seit 2. November: Strom, Notfallplan und Standort

Nach Angaben des städtischen Veterinäramtes gilt seit dem 2. November ein Aufnahmestopp für verletzte, kranke und junge Tauben. Begründet wird dies damit, dass die Stromversorgung am Standort nicht dauerhaft sichergestellt werden konnte, um Versorgung und Tierwohl zuverlässig zu gewährleisten.

Die Stadt nennt zudem weitere Faktoren: einen aus ihrer Sicht ausgelaufenen Mietvertrag, wiederkehrende Stromausfälle sowie einen fehlenden Notfallplan. Unter diesen Umständen sei die weitere Aufnahme pflegebedürftiger Tiere an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt nicht vertretbar.

Die Taubenfreunde stellen diese Einschätzung teilweise anders dar. Nach Angaben der Vereinsvorsitzenden Daniela Weber habe es zwar Unterbrechungen der Stromversorgung gegeben, diese seien jedoch zeitweise von außen verursacht worden. Der Verein habe darauf reagiert und Notstrom über Generatoren bereitgestellt. Inzwischen gebe es zudem große Speicherbatterien sowie Solarpanels, die auch extern geladen werden könnten. Die Stadt argumentiert hingegen mit einer aus ihrer Sicht fehlenden dauerhaften Sicherung der Stromversorgung.

Beim Mietverhältnis spricht die Stadt von einem ausgelaufenen Vertrag. Weber sagt dagegen, ihr liege bislang keine schriftliche, wirksame Kündigung vor.

Was die Taubenfreunde zu den Vorwürfen sagen

Daniela Weber weist zentrale Vorwürfe zurück. Nach ihrer Darstellung ist der Vorwurf, Tiere seien nicht ausreichend tierärztlich versorgt worden, nicht haltbar. Sie verweist auf Rechnungen und Unterlagen, die belegen sollten, dass Tauben regelmäßig bei einem vogelkundigen Tierarzt aus der Region vorgestellt worden seien. Der Verein arbeite seit längerer Zeit mit diesem Tierarzt zusammen.

Auch den Vorwurf einer nicht artgerechten Unterbringung weist Weber zurück. Sie beschreibt, dass der Verein mit vergleichsweise großen Pflegeboxen arbeite. Sobald es möglich sei, würden Tiere in Auswilderungsvolieren umgesetzt oder – wenn dies zulässig sei – am Fundort wieder freigelassen. Nach Angaben Webers verfüge die Auswilderungsvoliere am Standort über eine Fläche von rund 30 Quadratmetern. Die Einschätzung, diese sei zu klein, hält sie für fachlich nicht nachvollziehbar.

Weber betont zudem, dass Wildtauben beim Verein grundsätzlich nur vorübergehend zur Versorgung untergebracht würden und nicht zur dauerhaften Haltung vorgesehen seien. Ziel sei stets die Auswilderung nach abgeschlossener Pflege.

Zur Kennzeichnung der Tiere sagt Weber, dass die Tiere des Vereins grundsätzlich gekennzeichnet seien. Tiere, die sich noch in der Pflegestation befänden, würden teilweise erst beim Umzug in Volieren endgültig zugeordnet und gekennzeichnet. Sie berichtet zudem, dass nach ihrer Erinnerung drei Tiere durch eine Tierarztpraxis gekennzeichnet worden seien, obwohl der Verein eigene Ringe verwende. Den Hintergrund dafür könne sie nicht erklären.

Streitpunkt Wildtauben: unterschiedliche Bewertungen

Besonders strittig ist die Frage, ob eingeschläferte Wildtauben tatsächlich nicht mehr auswilderungsfähig waren. Die Stadt teilt mit, dass die betroffenen Tiere wegen Krankheit oder Verletzung nie wieder hätten ausgewildert werden können.

Weber schildert hingegen, es habe sich um Wildtauben gehandelt, die nach ihrer Darstellung voll flugfähig gewesen seien oder kurz davor standen, wieder in eine Auswilderungsvoliere umgesetzt zu werden. Sie nennt als Beispiel ein Tier, bei dem nach einem Greifvogelangriff Schwungfedern gefehlt hätten, die nachwachsen mussten. Brüche oder schwere Verletzungen habe es nach ihrer Darstellung nicht gegeben.

Die Einschätzungen zur Artgerechtigkeit und Auswilderungsfähigkeit hält Weber fachlich für nicht nachvollziehbar. Sie verweist dabei auf ihre Erfahrung in der Wildvogelpflege sowie auf aus ihrer Sicht übliche Standards in vergleichbaren Pflegestellen. Diese Angaben geben die Sicht des Vereins wieder. Eine unabhängige Bewertung liegt dazu derzeit nicht vor.

Wie die Stadt Auflagen und Kontrollen begründet

Zu der Kritik, Auflagen seien überzogen, äußert sich die Stadt Münster grundsätzlich. Die Auflagen seien auf Grundlage von § 11 des Tierschutzgesetz festgelegt worden. Ziel sei es, sicherzustellen, dass verantwortliche Personen sachkundig seien, Tiere artgerecht untergebracht würden und ihre Versorgung jederzeit gewährleistet sei.

Grundsätzlich würden für alle Vereine die gleichen Maßstäbe gelten. Die konkreten Anforderungen richteten sich jedoch nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und den Umständen vor Ort, etwa baulichen Bedingungen, hygienischen Standards, personeller Ausstattung und fachlichen Nachweisen.

Bei schwerwiegenden Anordnungen arbeite das Gesundheits- und Veterinäramt nach Angaben der Stadt im Vier-Augen-Prinzip. Auflagen würden amtsintern abgestimmt und rechtlich geprüft.

Wie es nun weitergeht

Mit der Antwort der Stadt Münster liegen nun detaillierte Angaben zu Ablauf, Vorwürfen und Maßnahmen vor. Gleichzeitig widerspricht der Verein zentralen Punkten und verweist auf eigene Unterlagen sowie eine abweichende Darstellung insbesondere bei Stromversorgung, Unterbringung und Auswilderungsfähigkeit einzelner Tiere.

Entscheidend für den weiteren Verlauf sind die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie die diagnostischen Ergebnisse des CVUA-Mel. ms-aktuell.de wird weiter berichten, sobald neue Erkenntnisse aus dem Verfahren oder zu den Untersuchungsergebnissen vorliegen.

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