
Münster. Der Nachbarschaftstreff Berg Fidel e.V. steht vor dem Verlust seiner Räume in der „Alten Post“. Obwohl der Mietvertrag unbefristet geschlossen wurde und der Vermieter LEG dem Verein zunächst eine langfristige Nutzung zugesichert hatte, erhielt der Treff Ende September 2025 die Kündigung zum 31. März 2026. Damit droht einem zentralen Begegnungs- und Beratungsort im Stadtteil das Aus.
Seit dem 1. April 2025 nutzt der Verein das ehemalige Ladenlokal als Treffpunkt, Beratungsstelle und Veranstaltungsort. Die Räume waren zuvor vom „Alte Post e.V.“ bespielt worden, bis dieser in das AWO-Quartierszentrum umzog.
Bereits seit 2022 liefen Verhandlungen mit der LEG über eine Nachnutzung. Verzögerungen im Stadtteilprojekt „Alte Sparkasse“ führten dazu, dass der Vertrag erst Anfang 2025 abgeschlossen wurde.
Nach der Übernahme renovierten Ehrenamtliche und Mitglieder von Berg Fidel Solidarisch (BFS) die Räume vollständig. Der Treffpunkt bietet seither offene Nachbarschaftstreffen, eine solidarische Küche, Beratungen sowie Platz für die Lebensmittelverteilung der Tafel Münster.
Kurz vor der Kündigung erreichte den Verein eine rückwirkende Mieterhöhung um 65 Prozent ab dem 1. September 2025. Der Nachbarschaftstreff widersprach – erfolgreich. Die LEG erklärte wenige Wochen später, die Erhöhung sei ein Fehler gewesen.
Die Kündigung selbst blieb jedoch bestehen. Sie wurde trotz Nachfrage bestätigt und juristisch als ordentliche Beendigung eines unbefristeten Mietverhältnisses eingeordnet.
In ihrer Begründung argumentiert die LEG, der Treff werde nicht im Sinne des Vermieters genutzt. Statt „konstruktiver Gemeinschaft“ diene er als „Plattform für Dissens und Kritik“. Die Initiative BFS veröffentliche laut LEG „diskreditierende Beiträge“ und rufe zu „geschäftsschädigenden Aktionen“ auf.
Der Konzern betont, man habe sich von der Vermietung mehr „Mehrwert für die Mieterinnen und Mieter“ vor Ort erhofft.
Der Nachbarschaftstreff weist die Darstellung zurück. Kritik an der LEG sei seit Jahren Teil der Arbeit von Berg Fidel Solidarisch – insbesondere bei Themen wie Instandhaltung, Kommunikation oder Mietrecht. Die Kündigung empfindet der Verein als Versuch, kritische Stimmen im Quartier zurückzudrängen.
Zugleich betont der Treff den gesellschaftlichen Nutzen der Räume: niedrigschwellige Angebote, Beratung in Jobcenter- und Ausländerbehörde-Angelegenheiten, Solidarstrukturen sowie die wöchentliche Tafel-Ausgabe.
Die LEG ist einer der dominierenden Vermieter im Viertel und verwaltet zahlreiche Wohngebäude aus den 1960er- und 1970er-Jahren. Initiativen wie BFS begleiten Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils seit Jahren bei Problemen rund um Modernisierung, Mängelmeldungen oder Nebenkostenabrechnungen.
Ein Wegfall des Treffpunkts hätte damit Auswirkungen auf die lokale Beratungslandschaft und die soziale Infrastruktur des Stadtteils.
Bei Gewerbemietverträgen kann ein Vermieter grundsätzlich ordentlich kündigen, sofern kein Kündigungsausschluss vereinbart wurde.
Eine Kündigung mit der Begründung „Vertrauensverlust“ muss jedoch nachvollziehbar begründet werden – insbesondere, wenn sich der Vorwurf nicht auf Vertragsverstöße, sondern auf öffentlich geäußerte Kritik bezieht. Politische Arbeit oder Beschwerden über Missstände sind rechtlich nicht automatisch ein Grund für eine Kündigung.
Unzulässig sind hingegen rückwirkende Mieterhöhungen, weshalb die LEG diese bereits zurückgenommen hat.
Der Nachbarschaftstreff fordert die Rücknahme der Kündigung und signalisiert Gesprächsbereitschaft. Parallel prüft der Verein nach eigenen Angaben alternative Optionen, um die Angebote im Viertel aufrechterhalten zu können.
Für viele Bewohnerinnen und Bewohner von Berg Fidel bleibt offen, ob der Treff über den März 2026 hinaus weiter existieren kann.