
Die landesweite Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete polarisiert weiterhin in Nordrhein-Westfalen. Während die NRW-Landesregierung mit dem neuen System mehr Kontrolle und weniger Bargeldauszahlung anstrebt, nutzen immer mehr Städte und Gemeinden die sogenannte Opt-Out-Regelung. Auch im Münsterland zeichnen sich klare Haltungen ab: Münster, Warendorf und Greven haben sich gegen die Bezahlkarte entschieden, während in Coesfeld die Einführung derzeit politisch beraten wird.
Die Stadt Münster hat bereits im Dezember 2024 entschieden, von der Opt-Out-Möglichkeit Gebrauch zu machen. Der Rat sprach sich am 11.12.2024 dagegen aus, das neue Bezahlkartensystem einzuführen. Als Hauptgründe wurden zusätzlicher Verwaltungsaufwand, fehlende digitale Schnittstellen sowie Bedenken hinsichtlich der sozialen Teilhabe genannt.
Damit bleibt es in Münster bei den bestehenden Auszahlungsformen für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz: in der Regel per Überweisung oder Barscheck. Die Verwaltung betonte, dass die Abläufe erprobt und effizient seien – eine Umstellung würde nach Einschätzung der Stadt eher zu Reibungsverlusten führen.
Auch in Warendorf wurde das Thema intensiv diskutiert – mit einem deutlich sichtbaren politischen Konflikt. Letztlich entschied der Stadtrat am 10.04.2025, die Bezahlkarte nicht einzuführen. In der Abstimmung votierten 26 Ratsmitglieder dagegen, 16 stimmten für die Einführung, zwei enthielten sich.
Hintergrund der Ablehnung waren ähnlich gelagerte Argumente wie in Münster: Zu große Eingriffe in das individuelle Leben Geflüchteter, ein hoher Umstellungsaufwand für die Verwaltung und grundsätzliche Zweifel an der Zweckmäßigkeit der Maßnahme.
In Greven fiel die Entscheidung im Sommer 2025 – auf Antrag der Grünen, aber mit breiter politischer Zustimmung. Am 9. Juli 2025 beschloss der Stadtrat einstimmig bei zwei Enthaltungen, die Bezahlkarte vorerst nicht einzuführen.
Die Begründung war auch hier klar: Das bestehende System funktioniere, eine kreisweite Lösung sei nicht in Sicht, und der soziale Alltag Geflüchteter dürfe nicht unnötig verkompliziert werden. Im Beschluss wurde außerdem festgelegt, dass die Verwaltung das Thema bis spätestens Mitte 2026 erneut bewerten soll, sollte sich die Gesetzeslage ändern.
Ein anderes Bild zeigt sich derzeit in Coesfeld. Dort liegt seit dem 6. August 2025 eine Verwaltungsvorlage vor, die die Einführung der Bezahlkarte empfiehlt. Als Zeitpunkt nennt die Stadt den „nächstmöglichen Termin“.
Die politischen Gremien haben bislang noch nicht entschieden. Zunächst soll der zuständige Ausschuss am 4. September 2025 beraten. Eine Entscheidung im Stadtrat ist für den 9. Oktober 2025 vorgesehen. Auch in Coesfeld dürfte die Frage, wie viele Leistungen tatsächlich bar ausgezahlt werden, eine zentrale Rolle in der Diskussion spielen.
Grundlage aller kommunalen Entscheidungen ist die Bezahlkartenverordnung NRW, die Anfang 2025 in Kraft trat. Sie sieht grundsätzlich eine Umstellung auf die Bezahlkarte als Regelform der Leistungsgewährung vor. Gleichzeitig erlaubt § 4 der Verordnung jedoch, dass Kommunen per Ratsbeschluss von der Einführung absehen können.
Viele Städte und Kreise in NRW machen davon Gebrauch. Die Folge: ein kommunaler Flickenteppich, der sowohl politisch als auch verwaltungstechnisch zunehmend kritisch diskutiert wird. Während einige Kommunen die Karte als effizientes Mittel zur Vermeidung von Bargeldleistungen betrachten, sehen andere darin ein Instrument der Ausgrenzung und Entmündigung.