
Münsterland/AI. Wie lebt es sich eigentlich im Münsterland? Und worin unterscheidet sich das Leben dort von dem in der Stadt Münster? Dieser Frage ist das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW in einer aktuellen Kurzanalyse nachgegangen. Der Bericht, veröffentlicht im September 2025, vergleicht auf Basis statistischer Daten die sozialen, wirtschaftlichen und demografischen Lebensverhältnisse im ländlichen Raum mit denen der Stadtregionen.
Gerade für das Münsterland – eine Region, die im direkten Einflussbereich der Stadt Münster steht – liefert diese Analyse wertvolle Erkenntnisse. Sie zeigt, wo Chancen liegen, aber auch, wo strukturelle Nachteile bestehen, die oft unter der Oberfläche bleiben. Die Ergebnisse sind ein Weckruf für Politik und Gesellschaft gleichermaßen.
Während Münster selbst als klassische Stadtregion gilt, zählen die umliegenden Kreise Steinfurt, Warendorf, Coesfeld und Borken mehrheitlich zum ländlichen Raum. Dort leben rund 3,6 Millionen Menschen – etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung Nordrhein-Westfalens – auf knapp der Hälfte der Landesfläche. Die Bevölkerungsdichte liegt bei durchschnittlich 223 Menschen je Quadratkilometer – in Städten sind es mehr als dreimal so viele.
Die Menschen im Münsterland sind im Durchschnitt älter: 45,8 Prozent der Bevölkerung dort sind über 50 Jahre alt, in den Städten liegt der Anteil bei 43,2 Prozent. Auch der Familienstand unterscheidet sich. Im ländlichen Raum leben mehr Verheiratete, Paare mit Kindern und auch Alleinerziehende als in den Städten. Der Anteil alleinlebender Personen ist dagegen deutlich geringer. Das zeigt: Der ländliche Raum ist familiärer geprägt – mit allen Vor- und Nachteilen.
Ein zentrales Merkmal des ländlichen Raums ist die höhere Eigentumsquote. Rund 50,5 Prozent der Haushalte wohnen im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung – in Städten wie Münster sind es nur 35,8 Prozent. Die Wohnungen und Häuser sind zudem deutlich größer: im Durchschnitt stehen ländlichen Haushalten 10 bis 13 Quadratmeter mehr Wohnfläche zur Verfügung.
Allerdings schlägt sich das auch in den Ausgaben nieder: Die durchschnittlichen monatlichen Wohnkosten (inklusive Energie) liegen im ländlichen Raum bei 1.264 Euro – mehr als in der Stadtregion. Gründe sind unter anderem größere Flächen und laufende Kosten für Instandhaltung bei Wohneigentum.
Das mittlere monatliche Einkommen (Nettoäquivalenzeinkommen) liegt im ländlichen Raum mit 2.186 Euro minimal über dem der Städte. Besonders auffällig: Junge Menschen unter 30 verdienen auf dem Land zum Teil deutlich mehr als Gleichaltrige in der Stadt – bei Frauen bis zu 219 Euro monatlich, bei Männern sogar bis zu 244 Euro. Ursache sind unter anderem höhere Ausbildungsquoten und eine stärkere Beschäftigung in Handwerk, Industrie und Mittelstand.
Ab einem Alter von etwa 30 Jahren kehrt sich der Trend jedoch um: Menschen in der Stadt verdienen dann im Schnitt mehr – auch durch höhere Akademikerquoten und Führungspositionen.
Die Mindestsicherungsquote liegt im Münsterland mit 7,8 Prozent deutlich unter dem städtischen Wert (12 Prozent). Doch der Schein trügt: Viele Betroffene im ländlichen Raum nehmen Hilfen aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung nicht in Anspruch. Armut ist auf dem Land häufig weniger sichtbar – aber nicht weniger existent.
Besonders betroffen sind Alleinerziehende (44 % armutsgefährdet), Erwerbslose (37,7 %), Menschen mit Einwanderungsgeschichte (26,6 %) und geringqualifizierte Personen (33,7 %). Bei älteren Menschen liegt die Armutsgefährdung im Münsterland mit 19,8 Prozent sogar leicht über dem städtischen Durchschnitt.
Im Vergleich zur Stadtregion geben Menschen im Münsterland weniger für Verkehr aus – im Schnitt 9,1 Prozent ihrer Konsumausgaben (Stadt: 11,2 %). Gleichzeitig zeigt sich aber eine starke Abhängigkeit vom eigenen Auto: Der ÖPNV ist weniger ausgebaut, Alternativen wie Carsharing oder Rufbusse sind kaum verbreitet. Besonders problematisch ist das für Menschen ohne Führerschein oder Auto – etwa ältere Menschen, Jugendliche oder Menschen mit Behinderung.
Auch kulturelle Teilhabe ist im ländlichen Raum oft schwieriger: Freizeitangebote, medizinische Versorgung und soziale Treffpunkte sind seltener fußläufig erreichbar als in städtischen Zentren.