Potenzstörungen sind so alt wie die Menschheit selbst. Schon in den frühesten Kulturen suchte man nach Mitteln gegen Impotenz. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich viele Theorien und Therapieansätze, von denen die meisten wirkungslos blieben. Erst in der Neuzeit gelang medizinischen Forschern der Durchbruch.
Die Leidensgeschichte impotenter Männer beginnt bereits in grauer Vorzeit. Die frühesten schriftlichen Erwähnungen finden sich vor fast 4000 Jahren auf Tontafeln der Sumerer. In diesen Bittgebeten wird göttlicher Beistand gegen die Impotenz erfleht. Auch die alten Ägypter kannten das Problem, wie Papyri mit Heilmethoden für die „Schwäche des männlichen Gliedes“ belegen.
Im antiken Griechenland herrschte die Theorie vor, der Penis werde durch Luft wie ein Ballon aufgeblasen. Entsprechend empfahl man blähende Nahrungsmittel sowie Diäten gegen die oft „kalten Männer“. In der Folge entwickelte sich die Säftelehre, die ein Ungleichgewicht der Körpersäfte für Impotenz verantwortlich machte. Hitzebehandlungen sollten die Balance wiederherstellen.
Im Römischen Reich beklagten selbst Dichter wie Ovid eine plötzliche Impotenz trotz attraktiver Partnerin. Im Mittelalter wurden Hexen für den Fluch der schlaffen Männlichkeit verantwortlich gemacht. Der Hexenhammer aus dem 15. Jahrhundert fabulierte gar von gestohlenen Penissen, die Hexen in Schränken hielten. Noch bis ins 18. Jahrhundert konnte Impotenz kirchenrechtlich eine Ehescheidung begründen.
Die Suche nach Arzneien gegen Impotenz war über die Jahrtausende erfolglos. Weder pflanzliche noch tierische Mittel konnten die Potenz nachhaltig steigern. Beliebt waren Substanzen von Tieren mit Potenzreputation, wie Stierhoden oder Stoßzähne des Narwals. Auch vermeintliche Aphrodisiaka wie Spanische Fliege oder Yohimbin erwiesen sich als wirkungslos oder gefährlich.
In China verordnete man Potenzpflanzen, die dem Penis ähnelten, wie beispielsweise Aronstab. Der Liebstöckel trägt sogar den Hinweis auf seine potenzsteigernde Wirkung im Namen. Besonders exotisch muten Präparate aus Stoßzähnen des Narwals an, die als Einhorn-Hörner gehandelt wurden. Auch dem Rhinozeros-Horn sagt man unausrottbar eine vermeintliche Potenz steigernde Wirkung nach.
Noch Anfang des 20. Jahrhunderts führte Sigmund Freud Impotenz meist auf neurotische Störungen zurück. Psychische Ursachen können zwar eine Rolle spielen, doch half seine Analyse bei körperlichen Defiziten nicht. Erst die moderne Medizin sollte hier den Durchbruch bringen.
Lange Zeit war unklar, wie eine Erektion eigentlich zustande kommt. Erste richtige Vermutungen hatte im 19. Jahrhundert der Anatom Johannes Müller. Er nahm an, die Penisarterien seien entscheidend. Damit bestätigte er Aufzeichnungen von Leonardo da Vinci, die aus dem 15. Jahrhundert stammten, aber erst spät entdeckt wurden.
Heute weiß man: Der Penis besitzt schwammartige Schwellkörper, die sich mit Blut vollsaugen. Je mehr Blut einströmt, desto steifer wird das Glied. Genau hier setzen moderne Potenzmittel an: Sie sorgen dafür, dass die Arterien weit geöffnet bleiben und viel Blut in den Penis fließen kann.
Ohne diese Erkenntnis wären die Erfolge der letzten Jahrzehnte nicht möglich gewesen. Denn entsprechende Medikamente müssen gezielt in diesen Mechanismus eingreifen, um zuverlässig zu wirken.
Der entscheidende Fortschritt bei Potenzmedikamenten gelang in den 1990er Jahren mit der Entwicklung von Sildenafil. Der Wirkstoff sollte eigentlich gegen Angina Pectoris helfen, zeigte aber eine unerwartete Nebenwirkung: Er verbesserte die Erektion. Als PDE-5-Hemmer sorgt er dafür, dass mehr Blut in den Penis fließt.
Damit revolutionierte Sildenafil unter dem Namen Viagra die Therapie von Erektionsstörungen. Das Medikament ist zwar verschreibungspflichtig, wirkt aber bei den meisten Männern zuverlässig. Weitere ähnliche Präparate wie Vardenafil oder Tadalafil folgten. Heute gibt es auch Alternativen wie Schwellkörper-Injektionen oder Vakuumpumpen.
Doch die bequeme Einnahme einer Pille, die rasch und zuverlässig wirkt, ist für die meisten Patienten unschlagbar. Entsprechend groß ist der Markt für diese Medikamente. Allein Viagra spülte dem Hersteller Pfizer seit der Markteinführung 1998 über 2 Milliarden US-Dollar in die Kassen.
Bei allen Erfolgen sollte man jedoch nicht vergessen, dass Potenzmittel Nebenwirkungen haben und nicht für jeden Mann geeignet sind. Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen besondere Vorsicht walten lassen. Auch blutdrucksenkende Medikamente können mit PDE-5-Hemmern wechselwirken.
Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, Magenbeschwerden und verstopfte Nase. Eine Erektion, die länger als 4 Stunden anhält, kann sehr schmerzhaft sein und erfordert ärztliche Behandlung. Ohne ärztliche Kontrolle sollten Potenzmittel keinesfalls eingenommen werden.
Illegal im Internet angebotene Produkte bergen zusätzliche Risiken. Sie können verunreinigt oder falsch deklariert sein. Im schlimmsten Fall enthalten sie lebensgefährliche Substanzen.
Die Entwicklung hört nicht auf. Neben leicht veränderten Wirkstoffen testen Mediziner auch digitale Lösungen. Eine „Potenz-App“ soll mit Muskelübungen, Ausdauertraining und Entspannung helfen. Sie kann sogar als Rezept verschrieben werden. Studien zur Wirksamkeit laufen noch, Experten sehen aber großes Potenzial.
Zusätzlich wird an einer Schockwave-Therapie geforscht. Dabei sollen Stoßwellen die Durchblutung anregen und so die Erektion verbessern. Die Methode wird auch gegen Herzschwäche und Gefäßverkalkung eingesetzt.
Auch nach Jahrtausenden ist die erektile Dysfunktion nicht besiegt. Doch moderne Medizin und Pharmazie geben betroffenen Männern Hilfen an die Hand, um Intimleben und Partnerschaft glücklich zu gestalten. Die Zukunft könnte weitere Verbesserungen bringen.