
Münster. In einem aktuellen Bericht des nordrhein-westfälischen Landtags wird deutlich: Auch Münster bleibt vom Thema religiös motivierter Extremismus nicht unberührt. Sechs der in NRW registrierten Islamistinnen mit Ermittlungsverfahren stammen aus Münster und dem Umland. Das geht aus der Landtagsdrucksache 18/14685 hervor, die am 7. Juli veröffentlicht wurde.
Laut der neuen Landesstatistik wurden zwischen 2019 und 2024 insgesamt 60 Ermittlungsverfahren gegen weibliche Islamisten in Nordrhein-Westfalen geführt. Drei dieser Fälle betreffen junge Frauen aus Münster. Die übrigen stammen aus dem Münsterland: Eine Tatverdächtige kam aus Greven im Kreis Steinfurt, eine weitere aus Ahaus im Kreis Borken. Auch aus Ennigerloh im Kreis Warendorf stammt eine Verdächtige.
Die dokumentierten Tatjahre reichen von 2023 bis 2024 – und zeigen: Gerade in den letzten beiden Jahren hat die Zahl der Verfahren deutlich zugenommen. Allein im Jahr 2024 entfielen 28 der 60 Ermittlungsfälle auf diesen Zeitraum. Damit hat sich die Anzahl der verfolgten Taten im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdoppelt.
Die Altersspanne der betroffenen Frauen aus Münster liegt zwischen 18 und 22 Jahren. Sie besitzen teils die deutsche Staatsbürgerschaft, oft in Kombination mit einer weiteren Nationalität – etwa libysch oder montenegrinisch. Die Landesregierung nennt keine Namen, verweist aber auf laufende Ermittlungen und den Schutz personenbezogener Daten.
Besonders auffällig: Alle drei Münsteraner Fälle stammen aus dem Jahr 2023. Damit gehört Münster zu den wenigen Städten in Nordrhein-Westfalen, die in einem Jahr gleich mehrfach in der Statistik auftauchen. Nur Aachen verzeichnete im selben Jahr ebenfalls drei Fälle.
Auch wenn der Fokus auf Münster liegt, zeigt sich ein weiterer Trend: Das Münsterland ist kein blinder Fleck auf der Landkarte der Sicherheitsbehörden. In Greven, Ahaus und Ennigerloh wurden ebenfalls Verfahren eingeleitet. Die Tatverdächtigen sind zwischen 21 und 27 Jahre alt und stammen aus Familien mit marokkanischem, türkischem oder deutschem Hintergrund.
Diese Zahlen belegen, dass religiös motivierter Extremismus nicht auf Großstädte beschränkt ist. Auch kleinere Orte im Münsterland geraten zunehmend ins Visier der Behörden.
Laut der Antwort der Landesregierung gibt es derzeit kein zentrales „Schwestern-Netzwerk“ radikalisierter Frauen in NRW. Gleichwohl beobachte der Verfassungsschutz weiterhin lose verbundene Einzelpersonen, die sich über soziale Netzwerke radikalisieren. Bereits 2017 war von etwa 40 bis 50 vernetzten Frauen in NRW die Rede – viele davon aktiv in Missionierungsprojekten oder der Unterstützung inhaftierter Islamisten.
Der NRW-Innenminister Herbert Reul sieht das Problem weiterhin in der digitalen Verbreitung extremistischer Inhalte: „Extremismus wird jünger und digitaler“, so Reul bereits im Frühjahr. Frauen würden dabei eine zentrale Rolle einnehmen, da sie oft innerhalb von Familienstrukturen agieren und online besonders gut vernetzt seien.
Die wachsende Zahl an Verdachtsfällen wirft auch Fragen zur Präventionsarbeit in Münster auf. Zwar gibt es Aussteigerprogramme, doch deren Reichweite scheint begrenzt. Nach aktuellen Angaben des Landesprogramms API (Aussteigerprogramm Islamismus) wurden 2021 landesweit 27 Frauen betreut – eine relativ geringe Zahl gemessen am Gesamtpotenzial.