
Die katholische Kirche im Bistum Münster steht an einem Wendepunkt: Wie kann sie sich zu einer inklusiveren und gerechteren Institution entwickeln, die alle Menschen, auch queere Personen, akzeptiert und in ihre Gemeinschaft aufnimmt? Diese Frage dominierte die Sitzung des Diözesanrats am 13. Juni 2025, bei der die Notwendigkeit einer „queeren Pastoral“ im Mittelpunkt stand. Die Kirche ist in einer einzigartigen Position, die historischen Fehler zu erkennen und sich für mehr Gerechtigkeit und Würde für alle ihre Mitglieder einzusetzen.
Queere Menschen mussten in der katholischen Kirche über Jahrzehnten hinweg Diskriminierung und Ausgrenzung erleben. Wer sich als schwul, lesbisch, bisexuell oder trans* identifizierte, musste oft um seine Anerkennung in der Kirche kämpfen. Selbst heute erleben viele queere Gläubige in den Gottesdiensten und in kirchlichen Einrichtungen Unsicherheiten: Können sie ihre Identität wirklich offen leben oder müssen sie sie verstecken, um nicht ausgegrenzt zu werden? Die historische Belastung der katholischen Kirche mit diesen Fragen erfordert eine tiefgehende Auseinandersetzung, wenn ein echter Wandel stattfinden soll.
Während die katholische Kirche in vielen Bereichen immer noch mit konservativen Haltungen kämpft, setzt der Diözesanrat im Bistum Münster nun ein mutiges Zeichen: Es ist an der Zeit, die Geschichte der Diskriminierung nicht nur anzuerkennen, sondern zu handeln. Die Forderungen an den Diözesanadministrator und den zukünftigen Bischof gehen weit über symbolische Gesten hinaus. Zu den zentralen Empfehlungen gehören die Einführung von verbindlichen Antidiskriminierungsrichtlinien sowie die Förderung eines offenen Dialogs mit queeren Menschen. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um eine wirklich gerechte und inklusive Kirche zu schaffen.
Der Diözesanrat fordert die Einführung von klaren Antidiskriminierungsrichtlinien, die speziell auf sexuelle Identität und geschlechtliche Vielfalt eingehen. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass queere Menschen im kirchlichen Dienst nicht nur akzeptiert, sondern auch rechtlich abgesichert sind. Die Unsicherheit, ob Mitarbeitende ihre Sexualität offen leben dürfen, muss endlich ein Ende haben. Nur durch klare Richtlinien kann Vertrauen aufgebaut und die Grundlage für eine tiefgreifende Veränderung gelegt werden.
Ein weiterer wesentlicher Punkt in den Diskussionen des Diözesanrats war die Forderung nach mehr Sichtbarkeit für queere Themen in der Kirche. Dies geht weit über eine bloße Anerkennung von queeren Menschen hinaus. Es bedeutet, dass Themen wie geschlechtliche Vielfalt und sexuelle Identität aktiv in die kirchliche Praxis integriert werden müssen. Gottesdienste, Predigten und kirchliche Veranstaltungen müssen so gestaltet werden, dass queere Menschen nicht nur geduldet, sondern wirklich Teil der Gemeinschaft sind. Nur so kann die katholische Kirche zu einem Ort der Zugehörigkeit für alle werden.
Der Diözesanrat fordert nicht nur strukturelle Änderungen, sondern auch einen kulturellen Wandel innerhalb der Kirche. Es geht nicht nur um neue Richtlinien, sondern um eine neue Haltung. Eine Kultur der Begegnung soll die bisherige Kultur der Angst und des Schweigens ersetzen. Die Kirche muss endlich den Mut finden, sich ihrer eigenen Geschichte zu stellen und aktiv für eine gerechte und inklusive Zukunft zu arbeiten. Eine Kirche, die diese Veränderungen ernst nimmt, wird zu einem Ort, an dem jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Identität oder Geschlechtszugehörigkeit, mit Würde und Respekt behandelt wird.
Die Pfarreirats- und Kirchenvorstandswahlen im November 2025 könnten für das Bistum Münster ein entscheidender Moment werden. 45% der Pfarreien haben sich bereits für Online-Wahlen entschieden – ein deutliches Zeichen für den Wunsch nach Veränderung. Die Wahlen bieten der Gemeinde eine Möglichkeit, Einfluss auf die kirchliche Zukunft zu nehmen und die Weichen für eine inklusive, gerechte und transparente Kirche zu stellen. Wie die Gläubigen sich in dieser entscheidenden Phase positionieren, wird darüber entscheiden, wie schnell die Kirche in Fragen der Inklusion und Gleichberechtigung voranschreiten kann.
Die Empfehlungen des Diözesanrats im Bistum Münster sind ein klarer Aufruf zur Veränderung. Der Weg zu einer inklusiveren und gerechteren Kirche ist noch lang, aber der Diözesanrat hat wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht. Die Einführung von Antidiskriminierungsrichtlinien, die Förderung eines offenen Dialogs und die Sichtbarmachung queerer Themen sind entscheidend, um die katholische Kirche für alle Menschen – unabhängig von ihrer sexuellen Identität oder Geschlecht – zu einem sicheren und offenen Raum zu machen.