Westfalen-Lippe verzeichnet seit über 20 Jahren einen ungebrochenen Rückgang der Apotheken. Das Jahr 2024 markiert einen weiteren Tiefpunkt: 65 Apotheken mussten schließen, während nur acht neue eröffnet wurden. Damit sank die Gesamtzahl der Apotheken um 57 auf nunmehr 1.654. Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, kommentiert besorgt: „Der traurige Trend geht weiter.“
Ein Blick auf die letzten 15 Jahre zeigt die Dramatik der Entwicklung: Ende 2009 gab es noch 2.230 Apotheken in Westfalen-Lippe. Heute sind es 1.654 – ein Rückgang von 26 Prozent. Mehr als ein Viertel aller Apotheken ist in diesem Zeitraum verloren gegangen. Besonders betroffen sind Städte wie Münster, wo im Jahr 2024 vier Apotheken schließen mussten. Ähnlich düster sieht es in Bielefeld, Detmold und Bochum aus, die jeweils drei Verluste zu beklagen haben.
Die Apothekenschließungen betreffen zahlreiche Städte und Gemeinden in Westfalen-Lippe. Während Münster als Großstadt prominent betroffen ist, zeigt sich das Problem auch in kleineren Gemeinden wie Nordwalde und Menden. Insgesamt waren es 34 Städte und Gemeinden, in denen Apotheken im vergangenen Jahr dauerhaft ihre Pforten schließen mussten.
Die Auswirkungen dieses Rückgangs spüren vor allem Patientinnen und Patienten, die auf die Notfallversorgung angewiesen sind. Weniger Apotheken bedeuten zwangsläufig längere Wege zu einem Notdienst. Zudem erhöht sich die Belastung für die verbleibenden Apotheken erheblich. „Die Zahl der Dienste kann nicht unendlich erhöht werden“, betont Dr. Walter.
Die Gründe für die Schließungen sind vielschichtig, doch an erster Stelle stehen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Apotheken verdienen pro abgegebenem rezeptpflichtigen Arzneimittel einen gesetzlich festgelegten Betrag, der seit über einem Jahrzehnt nicht erhöht wurde. Ein Inflationsausgleich fehlt ebenso wie Reformen, die die Versorgung stabilisieren könnten. „Die politischen Bedingungen sind der Hauptgrund für die Schließungen“, erklärt Dr. Walter.
Apotheken sind mehr als Orte, an denen Medikamente abgegeben werden. Sie bieten niedrigschwellige und barrierefreie Beratung – ohne Termin und unabhängig von der Person. Schließt eine Apotheke, bedeutet das nicht nur den Verlust einer wichtigen Versorgungsstelle, sondern auch einen Abbau sozialer Infrastruktur. „Es geht um mehr als Arzneimittel“, betont Dr. Walter. „Es geht um Orte, die für alle da sind.“
Um den Trend zu stoppen, fordert die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ein Soforthilfepaket. „Die Politik muss handeln, um die Arzneimittelversorgung vor Ort zu sichern“, fordert Walter. Denn: Jede weitere Schließung trifft vor allem ältere und chronisch kranke Menschen, die auf wohnortnahe Apotheken angewiesen sind.