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Schnellbusverkehr Münster: Debatte um Kürzung der Linien S90, X90 und S60

Warnstreik in Münster legt Busverkehr lahm
Foto: Ant Rozetsky

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Die Grünen im Verkehrsausschuss des Rats der Stadt Münster haben ihren Antrag auf eine Sondersitzung zurückgezogen – und üben zugleich deutliche Kritik an der Stadtverwaltung und dem Regionalverkehr Münsterland (RVM). Hintergrund dieser Entscheidung ist die anhaltende Debatte um den Schnellbusverkehr Münster und die geplante Kürzung der Schnellbuslinien S90, X90 und S60. Diese Schnellbusse sollen ab Mai nicht mehr bis in Münsters Altstadt (Haltestelle Altstadt/Bült) fahren, sondern bereits am Hauptbahnhof enden – eine Linienkürzung um zwei Haltestellen​. Laut RVM sind allein am Bült rund 600 Fahrgäste täglich von der Änderung betroffen​, die künftig für die letzte Etappe in die Innenstadt auf Stadtbusse umsteigen müssen. Sowohl aus der Politik als auch von Fahrgastverbänden kommt scharfer Widerspruch gegen diese Pläne.

Hintergrund: Ankündigung der Kürzung im Schnellbusverkehr Münster

Die geplante Verkürzung der Schnellbus-Linien wurde im März 2025 überraschend publik – offenbar informierte der RVM die lokale Politik nicht vorab, sondern kommunizierte die Änderung zunächst nur über die Medien​. Ab Mai sollen die Schnellbusse S60 (Darup/Nottuln–Münster), S90 und X90 (Lüdinghausen/Senden–Münster) ihre Fahrt bereits am Hauptbahnhof beenden und nicht mehr die zentralen Haltestellen Eisenbahnstraße und Altstadt/Bült ansteuern​. Auslöser dafür ist der Wegfall einer wichtigen Betriebshaltestelle an der Lotharinger Straße in Münsters Innenstadt: Wegen Bauarbeiten steht dieser Pausen-Stopp für die Regionalbusse bald nicht mehr zur Verfügung​. Ein alternativer Standort im Umfeld des Bült konnte laut Stadtverwaltung trotz intensiver Prüfung nicht gefunden werden​.

Bereits im vergangenen Jahr hatte zudem der Kreistag Coesfeld aus Kostengründen beschlossen, das Angebot auf den Linien S60 sowie S90/X90 zu reduzieren – eine Entscheidung, die von der Stadtpolitik in Münster damals hingenommen wurde​. Diese Schnellbusse verbinden Orte im Kreis Coesfeld (u. a. Nottuln, Lüdinghausen, Senden) direkt mit Münster und dienen als wichtige Busverbindung Coesfeld Münster. Vor diesem Hintergrund werten Kritiker die aktuelle Linienverkürzung als weiteren Rückschlag für den öffentlichen Nahverkehr im Münsterland (ÖPNV Münsterland).

Proteste und politische Reaktionen

Die Ankündigung der Kürzungen im Schnellbusverkehr Münster hat parteiübergreifend Kritik ausgelöst. Insbesondere die Grünen reagierten empört. Andrea Blome, Vorsitzende des Verkehrsausschusses und Mitglied der Grünen, bezeichnete die Kürzung der Linien S90, X90 und S60 als „Fehler“​. Eine solche Maßnahme mache die Busverbindungen aus dem Umland deutlich unattraktiver und entwerte die zentrale Altstadt-Haltestelle Bült, so Blome – sie widerspreche den verkehrspolitischen Zielen der Stadt​. „Wir sind von dieser Nachricht überrascht, weder im Verkehrsausschuss noch in persönlichen Gesprächen wurden wir über diese Planung informiert. Dies ist […] nicht akzeptabel“, erklärte Blome weiter​. Zwar entscheide der RVM eigenständig über seinen Betrieb, jedoch stehe die Stadt Münster in der Pflicht, im Straßenraum die Bedingungen für einen reibungslosen Busverkehr zu schaffen​. Die grüne Ratsfraktion forderte daher zunächst, die Umsetzung der Linienkürzung auszusetzen, bis der Sachverhalt im Verkehrsausschuss beraten werden könne​.

Auch die Ratsgruppe Volt reagierte irritiert – allerdings weniger wegen der Maßnahme selbst als wegen der Informationspolitik. Volt kritisierte, dass weder der Ausschussvorsitz noch die Ausschussmitglieder im Vorfeld informiert wurden, und sieht „deutlichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Beteiligung seitens der Verwaltung und der RVM“​. „Über eine solch grundlegende Entscheidung möchten wir nicht aus der Zeitung erfahren“, monierte Marcus Wilhelm (Volt), Mitglied im Verkehrsausschuss​. Inhaltlich bewertet Volt die Verkürzung der Linie differenziert: Der Wegfall der Haltestelle Bült sei aus Sicht einer klaren Linienführung nachvollziehbar, jedoch seien attraktive Umstiegsmöglichkeiten am Hauptbahnhof entscheidend, um die Akzeptanz bei den Fahrgästen zu gewährleisten​. Langfristig spricht sich Volt für eine Neuordnung des Nahverkehrs aus. „Der Hauptbahnhof allein kann nicht dauerhaft alle Verkehrsströme bündeln“, betont Volt und plädiert für mehrere zentrale Umsteigepunkte nach dem Vorbild eines Tangenten-Systems, um den ÖPNV zukunftssicher aufzustellen​.

Zusätzlich meldeten sich Fahrgastverbände zu Wort. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) im Münsterland hält die Verkürzung des Linienweges für „nicht sinnvoll“​. Der VCD schlägt vor, dass die Schnellbusse weiterhin bis zum Bült fahren und anschließend in einer Innenstadt-Schleife (über Schlaunstraße, Rosenplatz, Überwasserstraße, Schlossplatz und Münzstraße) zurück zum Hauptbahnhof geführt werden könnten​. Auf diese Weise bliebe die direkte Anbindung der Altstadt erhalten, ohne die nun wegfallende Haltestelle als Endpunkt zu benötigen. Auch der Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland sieht strukturellen Verbesserungsbedarf und fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen Stadt, Umlandkreisen und den Verkehrsbetrieben, um den Regionalverkehr künftig besser abzustimmen​.

Aktueller Stand: Sondersitzung abgesagt, Grüne fordern Lösungen

Nach einigen Wochen der Verhandlungen hat sich die Lage nun etwas verändert. Die Grünen-Fraktion hat ihren Antrag auf eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses wieder zurückgezogen​. Ausschussvorsitzende Andrea Blome erklärte, man habe seit der Ankündigung der „fahrgastunfreundlichen Linienverkürzung“ zahlreiche Gespräche mit Stadt und RVM geführt und Alternativen ausgelotet​. Dennoch habe sich gezeigt, dass „wir daran kurzfristig mit einer Sondersitzung nichts werden ändern können“ – deshalb verzichte man auf das außerplanmäßige Treffen​. Gleichwohl erwarten die Grünen nun von der Verwaltung und dem RVM, dass diese die Entscheidung nachvollziehbar erklären und „alternative Lösungsvorschläge“ im Sinne der Fahrgäste präsentieren​.

Die Debatte um den Schnellbusverkehr Münster ist damit noch nicht beendet. Vielmehr rückt sie grundlegende Fragen in den Fokus: Wie lässt sich der Stadt- und Umlandverkehr besser verzahnen, und wie kann Münster mehr Pendler für Bus und Bahn gewinnen? Die Grünen betonen, man müsse Bus- und Bahnangebote ins Umland stärken statt schwächen, denn noch immer kommen rund 80 % der Einpendelnden mit dem Auto nach Münster​. Entsprechend sei es „nicht akzeptabel, dass die Vorzeigelinien des Münsterlandes quasi nebenbei wegen betrieblicher Schwierigkeiten gekürzt werden“​. Auch andere Akteure fordern nun Verbesserungen: Die Verwaltung solle bei ÖPNV-Entscheidungen transparenter agieren und frühzeitig den Verkehrsausschuss einbinden, um Vertrauen zu schaffen​. Klar ist jedenfalls: Der Konflikt um S90, X90 und S60 hat den Handlungsdruck erhöht, den Schnellbusverkehr Münster als Rückgrat des regionalen Nahverkehrs attraktiv zu erhalten und zukunftsfähig auszubauen.

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