Das Schulministerium Nordrhein-Westfalen hat im Dezember 2024 die Ergebnisse der flächendeckenden Unterrichtsstatistik für das Schuljahr 2023/2024 veröffentlicht. Der Bericht offenbart eine angespannte Situation: Insgesamt fielen 4,8% des geplanten Unterrichts landesweit ersatzlos aus. Diese Zahlen werfen Fragen zur Stabilität und Resilienz des Bildungssystems auf, besonders in einem Bundesland mit über 4.400 öffentlichen Schulen.
Neben den ersatzlosen Ausfällen mussten die Schulen in weiteren 6,2% der Fälle auf Maßnahmen ohne Lehrkraft zurückgreifen, darunter eigenverantwortliches Arbeiten (EVA). Lediglich 77,5% der Stunden wurden wie geplant gehalten, während 10,1% durch Vertretungsunterricht abgedeckt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Schulen im Krisenmodus operieren.
Ein zentrales Problem sind krankheitsbedingte Ausfälle von Lehrkräften, die mit Abstand den größten Anteil an Unterrichtsausfällen verursachen. Besonders in den Herbst- und Wintermonaten steigen die Fehlzeiten drastisch, wie die erhöhte Inzidenz akuter Atemwegserkrankungen (ARE) zeigt. Laut Bericht fielen rund 2,2% der geplanten Unterrichtsstunden allein aufgrund von Erkrankungen aus, obwohl 75% dieser Ausfälle durch Vertretungsunterricht aufgefangen wurden.
Der zusätzliche Druck durch hohe Krankheitswellen bringt viele Schulen an ihre Grenzen, da es oft an ausreichendem Vertretungspersonal fehlt. In der gymnasialen Oberstufe greifen die Schulen vermehrt auf EVA zurück, was zwar organisatorisch praktikabel ist, jedoch in der Öffentlichkeit häufig als Unterrichtsausfall wahrgenommen wird.
Nicht alle Unterrichtsausfälle sind auf akute Probleme zurückzuführen. Ein erheblicher Teil geht auf systembedingte Gründe wie pädagogische Tage, Elternsprechtage oder regionale Bräuche wie Karneval zurück. Diese führen regelmäßig zu Kürzungen im Stundenplan. Der Bericht zeigt, dass fast 13% aller Planabweichungen auf solche systeminternen Gründe entfallen. Diese Termine sind zwar notwendig, da sie der schulischen Weiterentwicklung und der Kommunikation dienen, doch sie reduzieren die verfügbare Unterrichtszeit spürbar.
Besonders kritisch ist der Anteil des Unterrichts in besonderer Form, der 6,2% des Stundenplanvolumens ausmacht. Dazu zählen Projektunterricht, Klassenfahrten, Betriebspraktika und Schulfeste. Während diese Veranstaltungen eine wertvolle Ergänzung darstellen, ersetzen sie in diesen Fällen den regulären Unterricht.
Die Art der Vertretung hat einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung und Qualität des Unterrichts. Laut Bericht wurden Vertretungsstunden häufig im vorgesehenen Fach gehalten, insbesondere in der Sekundarstufe I, während die gymnasiale Oberstufe mit einem hohen Anteil an EVA auffällt. Maßnahmen wie die Zusammenlegung von Lerngruppen und die Betreuung anderer Klassen sind ebenfalls gängige Instrumente, stoßen jedoch auf Kritik, da sie häufig als weniger lernwirksam empfunden werden.
Neben den kurzfristigen Unterrichtsausfällen weist der Bericht auf das Problem des strukturellen Unterrichtsausfalls hin, der durch Kürzungen in den Stundenplänen entsteht. Da diese Reduktionen oft schuljahresübergreifend kompensiert werden, können sie nur durch eine langfristige Analyse erfasst werden. Der Bericht stellt jedoch klar, dass solche Kürzungen das Bildungsangebot insgesamt einschränken können.