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Warren Buffetts Cherry-Coke-Liebe: Regelbruch oder Erfolgsrezept an der Börse?

Warren Buffett liebt Cherry Coke – aber widerspricht das nicht der goldenen Börsenregel? Eine Podcastanalyse über Emotionen und Investments. Coca Cola
Symbolbild: Maximilian Bruck

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Buffett, Coca-Cola und die Cherry-Coke-Anekdote

In der „Alles auf Aktien“-Podcastfolge vom 10. Mai 2025 sprechen die Moderatoren Holger Zschäpitz und Nando Sommerfeldt mit Finanzexperte Tobias Kramer über Warren Buffett, Berkshire Hathaway und die Zukunft des legendären Investmentkonglomerats. Dabei driftet das Gespräch in eine unerwartet charmante Richtung ab: zur Lieblingsgetränkemarke von Warren Buffett – Coca-Cola.

Buffett, der sich kurz zuvor offiziell vom aktiven Tagesgeschäft bei Berkshire Hathaway zurückgezogen hatte, war über Jahrzehnte nicht nur das Gesicht des Unternehmens, sondern auch der vielleicht prominenteste Cherry-Coke-Fan der Welt. Kramer, der selbst mehrfach bei Buffetts Hauptversammlungen in Omaha war, beschreibt anschaulich, wie Coca-Cola – insbesondere die Sorte Cherry Coke – bei diesen Events fast genauso präsent war wie Buffett selbst.

„Buffett trinkt Cherry Coke nicht nur – er lebt sie“, bringt es Tobias Kramer im Podcast sinngemäß auf den Punkt. Die Gastgeber ergänzen: Solch eine ausgeprägte Geschmackspräferenz könne man fast nur nachvollziehen, wenn man auch die Aktie liebt – und zwar nicht nur rational, sondern emotional.

Damit ist das Fundament für eine spannende Meta-Frage gelegt: Darf man sich als Investor eigentlich in eine Aktie verlieben? Und falls nicht – ist Warren Buffett selbst die Ausnahme von der Regel?

„Verliebe dich nicht in Aktien“ – und doch Cherry Coke?

Seit Jahrzehnten wird an den Finanzmärkten eine goldene Regel gepredigt: „Verliebe dich nicht in eine Aktie.“ Dahinter steckt die Warnung, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen, sondern Investmententscheidungen nüchtern, auf Basis von Daten und Geschäftsmodellen zu treffen. Wer sich zu stark an ein Unternehmen bindet, läuft Gefahr, Risiken zu übersehen oder Gewinne zu verspielen.

Doch genau das scheint Buffett bei Coca-Cola zu tun. Im Podcast zeigen Zschäpitz und Sommerfeldt mit feinem Spott, wie eng Buffett mit dem Konzern verwoben ist: Die Bühne bei der Hauptversammlung? Eine Cherry-Coke-Dose stets griffbereit. Marketingaktionen? Buffett zierte 2017 sogar limitierte Cherry-Coke-Flaschen in China. Seine Ernährung? Besteht zu großen Teilen aus Cola, Eiscreme und Burgern.

Doch ist das noch rationales Investieren – oder längst eine Liebesbeziehung?

Buffett investierte Ende der 1980er-Jahre in Coca-Cola, als die Aktie nach dem Crash stark unterbewertet war. Seither hat er nie verkauft, hält heute rund 400 Millionen Anteile, was Berkshire Hathaway zu einem der größten Aktionäre macht. Der Wert dieser Position liegt bei über 27 Milliarden US-Dollar. Die jährlichen Dividendenzahlungen allein belaufen sich auf über 800 Millionen Dollar – ein Renditetraum.

Im Podcast entsteht daraus eine paradoxe Stimmung: Die Cherry-Coke-Liebe wird belächelt, aber auch bewundert. Denn sie zeigt: Buffett lebt, was er investiert – oder investiert, was er lebt?

Buffett hört auf – bleibt die Cola im Depot?

Die Nachricht, dass Warren Buffett sich aus dem operativen Geschäft bei Berkshire Hathaway zurückzieht, durchzieht die Podcastfolge wie ein leiser Subtext. Mit seinem Rücktritt endet eine Ära, die nicht nur von analytischem Geschick geprägt war, sondern auch von persönlicher Identifikation mit bestimmten Marken. Coca-Cola ist hier das prominenteste Beispiel.

Die Frage, die Holger Zschäpitz aufwirft, ist: „Was wird aus dieser Investitionsphilosophie, wenn Buffett nicht mehr lenkt?“ Tobias Kramer glaubt: Auch unter Nachfolger Greg Abel wird Coca-Cola im Portfolio bleiben – allein schon, weil das Geschäftsmodell noch immer solide ist. Doch die emotional-symbolische Ebene, die Buffett über Jahrzehnte gepflegt hat, könnte verloren gehen.

Die Cherry-Coke-Dose auf dem Rednerpult war eben nicht nur ein Gag – sie war Buffetts persönliche Form der Markenbindung, eine Mischung aus Konsum, Identifikation und Kapital. Mit seinem Abgang verliert Berkshire Hathaway ein Stück dieser Aura.

Emotionen und Rendite – ein Widerspruch?

Die Folge illustriert ein zentrales Dilemma für Anleger: Sind Emotionen beim Investieren ein Fehler – oder manchmal sogar ein Erfolgsfaktor? Buffett widerspricht dem Prinzip des rein rationalen Investors zumindest optisch. Doch Tobias Kramer erinnert im Gespräch daran: „Buffett hat immer dann zugeschlagen, wenn andere gezögert haben – aber immer nur bei Geschäftsmodellen, die er bis ins Detail verstanden hat.“

Coca-Cola ist so gesehen weniger eine Herzensentscheidung als eine Lehrbuch-Investition. Eine Marke mit Preissetzungsmacht, globaler Reichweite, stabilen Cashflows. Die Cherry-Coke-Passion? Ein Bonus – oder vielleicht ein Verstärker des langfristigen Denkens. Denn wer ein Produkt liebt, ist geneigt, Rücksetzer geduldig auszusitzen. Das unterscheidet Buffett von kurzfristig orientierten Investoren.

Zugleich stellt Kramer aber auch klar: Für Normalanleger gilt Buffetts Erfolg nicht automatisch als Freibrief zur Emotionalität. „Buffett kann sich das leisten – andere nicht.“ Die Regel „Verliebe dich nicht in Aktien“ bleibt gültig – mit einer kleinen, milliardenschweren Fußnote: Wenn man Warren Buffett ist, darf man vielleicht eine Ausnahme machen.

Die Regel bleibt – aber Ausnahmen machen Geschichte

Der Podcast vom 10. Mai 2025 wirft ein ungewohnt menschliches Licht auf einen der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten. Warren Buffetts Liebe zu Coca-Cola, seine tägliche Cherry-Coke-Ration, seine humorvolle Selbstdarstellung – all das steht im Kontrast zur abstrakten, berechnenden Welt der Finanzmärkte.

Doch gerade dieser Kontrast ist es, der Buffetts Stil so besonders gemacht hat: Er war nie ein kalter Rechner, sondern ein Überzeugungstäter. Die Cherry-Coke-Dose wird als Symbol bleiben – für die seltene Verbindung von Konsumentenbindung und Kapitalallokation, von Bauchgefühl und Börsenerfolg.

Ob Greg Abel diesen emotionalen Ton weiterführt, ist offen. Sicher ist nur: Die Regel, sich nicht zu verlieben, gilt weiterhin – es sei denn, man ist das Orakel von Omaha und hat mit Cherry Coke und Coca-Cola 35 Jahre Börsengeschichte geschrieben.


Quellen:

  • Podcast „Alles auf Aktien“ vom 10.05.2025: Was will Berkshire? Der Buffet-Kenner verrät die Beute-Kandidaten – Moderation: Holger Zschäpitz & Nando Sommerfeldt, Gast: Tobias Kramer.

  • WELT (27.02.2015): Buffett schwört auf Cola, Eis und kein Gemüse.

  • Envestor.de (06.05.2025): Warren Buffett tritt ab – und hat sich längst auf dem Anleger-Olymp verewigt.

  • 24/7 Wall St. (2025): Here’s how much Warren Buffett earns in dividends annually from Coca-Cola.

  • Business Insider (2025): Warren Buffett: Why Cherry Coke is part of my daily life.

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