
Münster. Vor dem Landgericht Münster wird derzeit ein Fall verhandelt, der durch extreme Gewalt geprägt ist. Vier Männer im Alter von 17, 22, 23 und 27 Jahren aus Münster und Hagen stehen unter dem Verdacht, einen Suchtkranken überfallen, geschlagen und beraubt zu haben. Nach übereinstimmenden Medienberichten sollen sie den Mann in seiner Wohnung attackiert haben, um Drogenschulden in Höhe von rund 800 Euro einzutreiben. Dabei setzten sie dem Opfer massiv zu: Mehrere Angeklagte sollen gemeinsam auf den Mann eingeschlagen haben, während einer ihn im sogenannten Schwitzkasten festhielt. Auch der Griff eines Messers soll als Schlagwerkzeug eingesetzt worden sein.
Die Angeklagten blieben während der Schilderungen der Tat ruhig, während ein Zeuge, der frühere Mitbewohner des Opfers, vor Gericht aussagte. Er selbst befindet sich inzwischen ebenfalls in Haft. Der Zeuge schilderte, dass die Täter das Opfer bedroht und auch ihn selbst geschlagen hätten. Anschließend hätten sie die Wohnung nach Wertgegenständen durchsucht und zwei Taschen mitgenommen. Laut Polizei wurde das Opfer nach dem Überfall derart aufgebracht, dass es zunächst Selbstjustiz angekündigt haben soll. Die Beamten hätten ihn ausdrücklich davon abgebracht.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten einen besonders schweren Raub vor – ein Delikt, das laut Strafgesetzbuch mit mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird. Kommt ein Messer oder ein anderes gefährliches Werkzeug zum Einsatz, steigt die Mindeststrafe auf fünf Jahre. Nach aktueller Rechtsprechung kann selbst das Schlagen mit einem Messergriff als „Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs“ gewertet werden, wenn dadurch erhebliche Verletzungsgefahr besteht.
Besonderes Augenmerk gilt dem 17-jährigen Angeklagten: Für ihn wird das Verfahren voraussichtlich nach Jugendstrafrecht geführt. Dieses sieht erzieherische Maßnahmen vor und kann bei schweren Straftaten Jugendstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verhängen. Bei den 18- bis 20-jährigen Beschuldigten prüft das Gericht, ob ebenfalls Jugendstrafrecht angewendet wird – etwa, wenn sie in ihrer Entwicklung noch als jugendlich gelten.
Die angeblichen Drogenschulden spielen rechtlich keine Rolle, da Verträge über Betäubungsmittelgeschäfte nichtig sind. Gewalt, um solche Forderungen einzutreiben, erfüllt den Tatbestand von Raub oder Erpressung – unabhängig davon, ob tatsächlich Geld geschuldet war.
Die Beweisaufnahme vor der 9. Großen Strafkammer verlief nicht ohne Verzögerungen. Mehrfach musste die Zeugenbefragung verschoben werden, weil zunächst kein Dolmetscher für die Sprache Tigrinya verfügbar war. Zudem war das Opfer zu einem Termin nicht erschienen, sodass die Verhandlung vertagt werden musste.
Neben dem Vorwurf des besonders schweren Raubes stehen insbesondere die jüngeren Angeklagten, ein 17- und ein 22-Jähriger, wegen weiterer Delikte vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen zusätzliche Taten wie Diebstahl und Körperverletzung zur Last. Das Gericht muss nun klären, in welchem Umfang die Beschuldigten tatsächlich an dem Überfall beteiligt waren und ob die Tat, wie angeklagt, gemeinschaftlich geplant und ausgeführt wurde.
Nach Angaben der Ermittler hatte das Opfer während des Angriffs telefonisch Kontakt zu einem mutmaßlichen Auftraggeber in Hagen. Ob dieser Mann tatsächlich der Initiator des Überfalls war, ist noch Gegenstand der Ermittlungen. Das Verfahren in Münster wird in den kommenden Wochen fortgesetzt.