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Kriegsende in Münster: Vor 80 Jahren endete in der Domstadt das Martyrium

Kriegsende 1945 in Münster
Symbolbild: Suzy Brooks

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Vor 80 Jahren erlebte Münster das Ende des Zweiten Weltkriegs vor der eigenen Haustür.  In jenen Apriltagen nahm das Grauen des Krieges sein Ende in Münster: Amerikanische und britische Truppen hatten die „Gauhauptstadt“ Westfalens eingenommen und der nationalsozialistischen Herrschaft ein Ende gesetzt. 

Alliierter Vormarsch und Kriegsende in Münster

Ende März 1945 rollten alliierte Panzerverbände auf Münster zu. Britische Einheiten näherten sich von Westen über das bereits eroberte Coesfeld und überquerten die Ems in Rheine, während US-Truppen von Süden in Richtung der Stadt vorrückten​. Am Ostermontag, dem 2. April 1945, erreichten amerikanische und britische Soldaten die Innenstadt von Münster. In den Trümmern der Altstadt hielten sich nur noch vereinzelte deutsche Einheiten auf – die meisten Einwohner waren längst geflohen oder evakuiert. Fanatisierte lokale NS-Funktionäre hatten sogar noch jugendliche Hilfskämpfer – kaum 16 oder 17 Jahre alt – mit Panzerfäusten in Gräben postiert. Als die ersten Alliierten Panzer einrollten, eröffneten diese Jugendlichen das Feuer. Der Versuch war verzweifelt und endete tragisch: Zehn von ihnen verloren bei dem sinnlosen Gefecht ihr Leben. Diese letzten Opfer, die buchstäblich in den finalen Kriegstagen fielen, sind bis heute ein Mahnmal gegen den Krieg.

Am Abend des 2. April hissten die Amerikaner schließlich die weiße Flagge auf dem Rathaus – Münster kapitulierte und wurde kampflos übergeben. Für Münster war der Zweite Weltkrieg damit beendet. Mit dem Einmarsch der Alliierten brach die nationalsozialistische Gewalt‐ und Willkürherrschaft in der Stadt zusammen. Britische und US-amerikanische Panzer rollten über den Prinzipalmarkt, vorbei an den Ruinen der Lambertikirche und des zerstörten Doms. Meterhohe Schuttberge säumten die Straßen, durch die kaum noch Fahrzeuge manövrieren konnten. Der berüchtigte NS-Oberbürgermeister Albert Hillebrand wurde umgehend abgesetzt, ebenso endete die Karriere des regionalen Gauleiters Alfred Meyer (er entzog sich der Verantwortung durch Suizid im Mai 1945). Münster war nun frei von der NS-Diktatur – und zugleich eine Stadt am Abgrund.

Münsterland im April 1945: Kriegsende in der Region

Das Kriegsende in Münster stand im Kontext der schnellen alliierten Vorstöße im ganzen Münsterland. Bereits wenige Tage zuvor, am Karfreitag, dem 30. März 1945, hatten britische Truppen unter Feldmarschall Bernard Montgomery die Kreisstadt Coesfeld praktisch ohne Widerstand eingenommen. Auch Rheine im Norden Münsters fiel kurz darauf: Am 2. April besetzten britische und kanadische Einheiten die Emsstadt, nachdem die Wehrmacht vergeblich versucht hatte, durch die Sprengung der Emsbrücke den Vormarsch zu bremsen​. In vielen umliegenden Orten ging die deutsche Verteidigung innerhalb weniger Tage in sich zusammen. Auf dem Land hissten verzweifelte Wehrmachtseinheiten weiße Fahnen, während in manchen Dörfern noch letzte Schüsse fielen. Bis Anfang April 1945 war weite Teile des Münsterlands von den Alliierten besetzt – und damit vom Nationalsozialismus befreit.

Münster selbst blieb von größeren Gefechten in der Innenstadt verschont, was angesichts der vorherigen Zerstörungen der Stadt kaum ins Gewicht fiel. Während im südlich angrenzenden Ruhrgebiet die Kämpfe noch bis Mitte April tobten (Stichwort „Ruhrkessel“), erlebten Münster und sein Umland bereits eine angespannte Ruhe nach dem Sturm. Alliierte Kommandostellen richteten sich in beschlagnahmten Gebäuden ein, und die ersten Schritte in Richtung Neuordnung begannen. Westfalen – einschließlich Münster und Münsterland – wurde Teil der britischen Besatzungszone. Die Briten blieben für viele Jahre präsent, während die US-Truppen bald weiterzogen. Für die Zivilbevölkerung im Münsterland bedeutete das Kriegsende Erleichterung und Überleben – aber die Herausforderungen von Hunger, Obdachlosigkeit und Chaos waren noch längst nicht gelöst.

Münster in Trümmern: Zerstörung und Neubeginn 1945

Die Bilanz des Zweiten Weltkriegs in Münster war verheerend. In den Jahren 1939 bis 1945 hatten über 100 Luftangriffe der Alliierten die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Noch am 25. März 1945, nur eine Woche vor der Besetzung, war Münster Ziel eines letzten schweren Bombenangriffs geworden. Insgesamt gingen rund 700.000 Bomben auf Münster nieder; die Altstadt wurde regelrecht ausradiert. Als die Waffen schwiegen, glich das Stadtzentrum einer Mondlandschaft: Über 60 % der gesamten Stadtbebauung waren zerstört, in der historischen Altstadt sogar mehr als 90 %. Von den einst 132.000 Einwohnern Münsters (Stand 1939) waren nur noch etwa 23.000 bis 25.000 Menschen in der Stadt verblieben – mehr als 80 % der Bevölkerung hatten Münster verlassen oder waren evakuiert worden. Dennoch gab es relativ wenige zivile Todesopfer in Münster selbst (rund 1.600 durch Bombenangriffe), da so viele Menschen rechtzeitig geflohen waren. Nicht eingerechnet in diese Zahl sind jedoch die jüdischen Bürger Münsters, die deportiert und in den Vernichtungslagern ermordet wurden, sowie die gefallenen Soldaten auf den Schlachtfeldern.

Mit der Besetzung der Stadt begann der mühsame Neubeginn. Es fehlte an allem: Wohnraum, Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung. Die städtische Infrastruktur – Wasser-, Gas- und Stromleitungen – war großteils zerstört. Inmitten der Trümmer machten sich die Überlebenden daran, das Notwendigste wiederherzustellen. Notküchen und Notunterkünfte entstanden in Kellern und Ruinen. Die neue Stadtverwaltung unter alliierter Aufsicht entfernte die Überreste des NS-Regimes: Straßennamen, die Nazi-Größen geehrt hatten, wurden umgehend ausgetauscht (aus der Adolf-Hitler-Straße wurde wieder die Bahnhofstraße, aus der Horst-Wessel-Straße die Hafenstraße usw.). Trotz der verzweifelten Lage keimte Hoffnung: Schon Ende 1945 war Münsters Bevölkerung durch Rückkehrer und Heimkehrer auf fast 80.000 angewachsen. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Stadt – parallel zum gesamten Westdeutschland – vom Trümmerfeld zur neu aufgebauten Friedensstadt. Doch das Kriegsende vom Frühjahr 1945 blieb ein tief in das Stadtgedächtnis eingebranntes Datum.

Zweiter Weltkrieg: Gedenken in Münster heute

Eine städtische Veranstaltungsreihe widmet sich  unter dem Titel „80 Jahre Frieden?“ der Aufarbeitung der Ereignisse von 1945 und der folgenden Jahrzehnte. Stadtmuseum und Stadtarchiv zeigen historische Fotografien, Dokumente und Zeitzeugenberichte, die die dramatischen Wochen der Befreiung Münsters nachvollziehbar machen. Schulen und Vereine organisieren Zeitzeugengespräche, und an markanten Orten der Stadt erinnern nun Stelen und Gedenkzeichen an die letzten Kriegstage. So wird Geschichte im Stadtbild sichtbar gehalten.

Münster gedenkt 1945 – nicht nur, um die Vergangenheit zu bewältigen, sondern auch als Verpflichtung für die Gegenwart. Das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 brachte Europa den Frieden; für Münster bedeutete schon der 2. April 1945 die ersehnte Befreiung von Terror und Krieg. Mit dem heutigen Blick zurück am 8. April wird deutlich, wie kostbar die seither verstrichenen 80 Jahre ohne Krieg in unserer Stadt sind. Das Gedenken mahnt: Frieden und Freiheit dürfen nie als selbstverständlich erachtet werden. Die Geschichte vom Kriegsende in Münster lehrt uns, welche Verantwortung daraus erwächst – damals wie heute.

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