
Eine Datenschutzverletzung bei Missbrauchsaufarbeitung hat das Bistum Münster selbst eingeräumt. Auslöser war die Weitergabe von Akten an Wissenschaftler der Universität Münster, die im Rahmen einer Missbrauchsstudie verwendet wurden. Obwohl Namen und Adressen geschwärzt waren, ermöglichten die erhaltenen Schilderungen Rückschlüsse auf die betroffene Person. Damit verletzte das Bistum laut Urteil des interdiözesanen Datenschutzgerichts (IDSG) in Bonn deren Persönlichkeitsrechte.
Die Entscheidung wurde Ende 2024 gefällt. Das Bistum Münster akzeptierte das Urteil und bot der betroffenen Person eine Entschädigungszahlung an. Diese Datenschutzverletzung bei der Missbrauchsaufarbeitung zieht damit nicht nur rechtliche, sondern auch institutionelle Konsequenzen nach sich.
Das IDSG stellte fest, dass die Akten für die Missbrauchsstudie zwar oberflächlich anonymisiert wurden, jedoch persönliche Erlebnisse derart detailliert wiedergegeben waren, dass sie eine Identifizierung ermöglichten. Die betroffene Person fühlte sich durch die Veröffentlichung retraumatisiert.
Schon im Juni 2023 hatte das katholische Datenschutzzentrum (KDSZ) in Dortmund diese Einschätzung getroffen. Die Datenschutzverletzung bei der Missbrauchsaufarbeitung wurde somit über einen längeren Zeitraum durch mehrere Stellen bestätigt. Besonders kritisch wurde bewertet, dass sensible Tatschilderungen unzureichend geschwärzt worden waren.
Im Vorfeld wurde die Datenweitergabe im Beirat des Forschungsprojekts intensiv diskutiert. Betroffene waren einbezogen, und dennoch entschied man sich für eine nur teilweise Anonymisierung. Die Begründung: Eine stärkere Schwärzung hätte die Aussagekraft der Studie gefährdet.
Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums, erklärte, man habe ein ethisches Dilemma zwischen Aufarbeitung und Datenschutz abwägen müssen. Dennoch bleibt die Datenschutzverletzung bei der Missbrauchsaufarbeitung bestehen – und mit ihr auch die Kritik an den getroffenen Entscheidungen.
Das Bistum Münster kündigte an, künftig die Perspektive der Betroffenen stärker zu berücksichtigen. Der Zugang zu sensiblen Akten wurde für zukünftige Studien vorerst gestoppt. Zudem sollen datenschutzrechtliche Standards überarbeitet und strenger umgesetzt werden.
Die Datenschutzverletzung bei der Missbrauchsaufarbeitung hat auch die Diskussion über strukturelle Regelungen neu entfacht. Während andere Bistümer auf Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz setzen, fehlt in Münster eine klare rechtliche Grundlage – ein Zustand, der sich ändern muss.
Der Vorfall offenbart einen tiefen Zielkonflikt: Wie gelingt Aufarbeitung, ohne neue Wunden zu reißen? Während das Bistum betont, man habe im Sinne der Transparenz gehandelt, fordern Betroffenenvertretungen künftig verbindlichere Regelungen. Der Arbeitskreis der diözesanen Betroffenenbeiräte verlangt eine ausdrückliche Zustimmung zur Datenverwendung durch alle Betroffenen.
Die Datenschutzverletzung bei der Missbrauchsaufarbeitung zeigt eindrücklich, wie wichtig klare gesetzliche Rahmenbedingungen sind – nicht nur zum Schutz der Betroffenen, sondern auch zur Sicherung der Glaubwürdigkeit zukünftiger Aufarbeitung.