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Moto 59-Rückzug vom Hafen Münster: Wie berechtigt ist das Konkurrenz-Argument?

Der überraschende Rückzug der Restaurantkette Moto 59 vom Münsteraner Hafen wirft Fragen zur Standortwahl auf. Noch im Sommer 2024 war eine Neueröffnung am frisch entwickelten Hafenmarkt angekündigt. Doch stattdessen entschied sich Moto 59 gegen den Standort – offiziell wegen der starken Konkurrenz durch L’Osteria und The ASH. Ist dieses Argument stichhaltig? Und gilt der Hafen Münster generell als attraktiver für Gastronomiekonzepte als die Trauttmansdorffstraße (Standort der konkurrierenden Restaurants)? Eine Analyse der Gastronomie-Situation beleuchtet beide Standorte, die Konkurrenzlage sowie mögliche Verflechtungen der Betreiber. Gastronomie am Hafen Münster: Trendviertel mit hoher Frequenz und Preisen Der Hafen in Münster – oft „Kreativkai“ genannt – hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer Top-Adresse für Gastronomie und Ausgehen entwickelt . Entlang des Hafenbeckens reihen sich über ein Dutzend Bars und Restaurants. Bereits 2017 zählte man rund 15 Gastronomiebetriebe mit Außengastronomie am Nordufer, die gemeinsam eine attraktive Ausgehmeile bilden. Insbesondere abends und am Wochenende pulsiert hier das Leben: Studenten, junge Berufstätige und Touristen genießen die vielfältigen Angebote am Wasser. Eine neu gestaltete Uferpromenade und die Mischung aus Kultur, Büros und Gastronomie sorgen für stetige Laufkundschaft und lebendige Atmosphäre. Allerdings hat die Beliebtheit ihren Preis. Das Hafenviertel ist durch Gentrifizierung geprägt – Mietpreise für Gewerbeflächen zählen zu den höchsten der Stadt. Für Büroflächen wurden bereits um 2010 Spitzenmieten von etwa 14 € pro Quadratmeter erzielt; für gastronomische Flächen in Premiumlage dürften ähnliche oder höhere Preise fällig sein. Zugleich ist die Konkurrenz am Hafen groß: Viele Lokale buhlen um ein ähnliches Publikum. Wer hier besteht, braucht ein überzeugendes Konzept, denn einfache Standard-Gastronomie geht in der Masse unter. Die Zielgruppe am Hafen – überwiegend ein trendbewusstes, junges Publikum – erwartet Vielfalt und Qualität. Die hohe Frequenz an Besuchern kann zwar volle Terrassen bedeuten, aber auch Lärm und Verkehrsaufkommen in den Abendstunden. Kurz: Der Hafen Münster bietet ein enormes Potenzial für Gastronomen, verlangt ihnen aber auch Innovationskraft und eine robuste Kalkulation ab. Trauttmansdorffstraße vs. Hafen: Zwei unterschiedliche Gastronomiestandorte Im Vergleich zum Hafenviertel präsentiert sich die Trauttmansdorffstraße als gänzlich anderer Standort. Hier, unweit des Preußen-Stadions und entlang des Dortmund-Ems-Kanals, hat sich jüngst ein neuer Gastronomieschwerpunkt entwickelt. Die Lage liegt am Rand der Innenstadt in einem Gewerbegebiet, das bislang weniger für Ausgehkultur bekannt war. Mit der Ansiedlung von L’Osteria und The ASH (Eröffnung im Oktober 2024) wird das Areal jedoch zum Anziehungspunkt. Beide Systemgastronomie-Riesen eröffneten nahezu zeitgleich an der Trauttmansdorffstraße 63–65 und investierten kräftig in ihre Standorte. The ASH etwa baute einen großzügigen Neubau („Freestander“) mit 180 Innenplätzen, großer Bar und 160 Terrassenplätzen, inklusive aufwändig gestalteter Piazza und Parkplätzen. Auch L’Osteria bietet hier viel Fläche und Parkmöglichkeiten – ein klares Signal, dass man auf Gäste mit Auto und Familien setzt, die bequem vor der Tür parken können. Passantenfrequenz und Umfeld unterscheiden sich deutlich vom Hafen: Während am Kreativkai viele Besucher spontan von Lokal zu Lokal ziehen, ist die Trauttmansdorffstraße eher ein Ziel-Standort. Gäste kommen gezielt, etwa für einen Familienabend, ein Steak-Dinner oder einen Pizza-Abend, oft mit dem Auto. Laufkundschaft vom Einkaufen oder Flanieren gibt es hier weniger, da es keine vergleichbare Kneipendichte ringsum gibt. Allerdings finden sich in der Nähe Freizeiteinrichtungen wie ein Bowling-Center und das Fußballstadion, was zu Stoßzeiten zusätzliches Publikum bringen kann. Mietpreise dürften in diesem peripheren Industriegebiet niedriger sein als in 1A-Lagen der Innenstadt – für große Ketten ein Vorteil, um auf großer Fläche zu expandieren. Die Eignung für Gastronomiekonzepte hängt hier stark vom Format ab: Große Erlebnisgastronomie mit Bekanntheitsgrad profitiert von der guten Erreichbarkeit und dem Platzangebot. Kleinere, unbekanntere Konzepte hingegen müssten ohne die Hafen-typische Laufkundschaft verstärkt in Marketing investieren, damit Gäste den Weg dorthin finden. Unterm Strich lässt sich kein Standort pauschal als „grundsätzlich attraktiver“ bewerten – es kommt auf das Konzept an. Der Hafen Münster garantiert Sichtbarkeit und hippe Umgebung, verlangt aber Alleinstellungsmerkmale, um sich gegen viele Mitbewerber abzuheben. Die Trauttmansdorffstraße bietet Expansionsfläche und weniger direkte Gastro-Nachbarn, dafür aber keinen eingebetteten Szenekiez. Attraktivität bedeutet hier also Unterschiedliches: Der Hafen lockt durch Flair und bestehende Publikumsmagneten, die Trauttmansdorffstraße durch Raum und Exklusivität im Umfeld. Konkurrenz durch L’Osteria und The ASH: Wie plausibel ist Moto 59s Argument? Die Betreiber von Moto 59 führen explizit die neue Konkurrenzsituation in Münster als Grund für ihren Rückzieher an. Tatsächlich hatten zwei Big Player – L’Osteria (italienische Pizza- und Pastakette) und The ASH (American Steakhouse/Bar-Konzept) – im selben Zeitraum massive Investitionen in Münster getätigt. Beide eröffneten Filialen, die konzeptionell zumindest teilweise mit Moto 59 überlappen: Moto 59 setzt auf ein Mix-Konzept aus Burgern, Pommes und Pasta für ein junges, trendiges Publikum. Genau diese Schnittmenge bedienen auch L’Osteria (italienische Pasta, Pizza in großer Portion für junge Leute) und The ASH (Burger und Bar-Ambiente für trendbewusste Gäste) in ihren neuen Niederlassungen. Die Big Magic Group aus Köln, Lizenzgeberin von Moto 59, sah darin offenbar ein ernstzunehmendes Risiko: Man fürchtete, dass die Millioneninvestitionen der Konkurrenz und deren starke Markenanziehung Moto 59 den Markteintritt in Münster erschweren würden. Schließlich verfügen L’Osteria und The ASH über eingespielte Konzepte, Marketingpower und eine bestehende Fanbasis – Faktoren, mit denen ein neuer Spieler erst einmal mithalten muss. Doch wie berechtigt ist dieses Argument? Einerseits erscheint es nachvollziehbar, dass Moto 59 nicht in einen Verdrängungswettbewerb mit zwei Gastronomie-Großprojekten gehen wollte. Die Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, kann aber auch kleiner positionierten Konzepten schnell die Gäste abgraben, gerade wenn das Angebot ähnlich ist. Moto 59 hätte am Hafen zwar einen anderen Standort gehabt als L’Osteria und The ASH (die ja an der Trauttmansdorffstraße sitzen), doch in einer Stadt wie Münster bewegen sich Gäste innerhalb weniger Kilometer. Wer Lust auf Burger oder Pasta hat, hätte ab Ende 2024 die Wahl zwischen den etablierten Markenrestaurants mit großem Namen und dem neuen Moto 59. Aus Sicht der Moto 59-Macher war die Gefahr groß, dass viele die bekannten Konkurrenten vorziehen – sei es aus Neugier auf den neuen Steakhouse-Hotspot oder weil L’Osteria als Marke vertraut ist. Andererseits könnte man argumentieren, dass der Hafen als Standort Moto 59 auch Vorteile bot, die die Konkurrenten in ihrem Gewerbegebiet nicht haben: Laufkundschaft und Sichtbarkeit in einem populären Ausgehviertel. Einige Gastro-Fans in Münster reagierten verwundert, warum Moto 59 sich so sehr von der Konkurrenz einschüchtern ließ, statt es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Immerhin wäre Moto 59 am Hafen derzeit der einzige Vertreter seines Konzepts, während an der Trauttmansdorffstraße gleich zwei große Restaurants direkt nebeneinander um Gäste konkurrieren. Dennoch darf man den Gesamtmarkt nicht vergessen: Münster kann nur eine gewisse Anzahl an neuen Restaurant-Plätzen verkraften. Die Marktsättigung im Segment „Burger/Pasta & Co.“ war durch die Neuankömmlinge vermutlich erreicht. Ohne einzigartige Positionierung liefen die Moto 59-Macher Gefahr, in einem schwierigen Umfeld zu starten. So gesehen ist das Rückzugs-Argument durchaus schlüssig – es spiegelt einen vorsichtigen strategischen Schritt, um Verluste zu vermeiden. Im Ergebnis steht das Hafen-Lokal bis auf Weiteres leer, doch der Projektentwickler sucht bereits nach einem neuen Mieter. Für den Standort an sich findet sich also vermutlich bald Ersatz, was andeutet: Nicht der Hafen ist das Problem, sondern die Kombination aus Konzept und Konkurrenz. Verflechtungen der Betreiber: Wie eng hängen Moto 59, L’Osteria und The ASH zusammen? Interessant ist bei genauerem Hinsehen, dass die beteiligten Marken und Personen in Münster teils persönlich und wirtschaftlich vernetzt sind. Ein möglicher leiser Faktor bei der Moto 59-Entscheidung könnte die Verbindung der Betreiber sein. So ist bekannt, dass Udo Hänold – der Betreiber mehrerer Moto 59-Filialen – früher für Kent Hahne gearbeitet hat. Kent Hahne wiederum ist kein Unbekannter in der Gastro-Branche: Er ist der Gründer und CEO von The ASH und steht somit hinter einem der neuen Großprojekte in Münster. Doch damit nicht genug der Überschneidungen. Hahne ist gleichzeitig der größte Franchisepartner von L’Osteria in Deutschland und betreibt aktuell 33 L’Osteria-Restaurants. Mit anderen Worten: Die beiden großen Konkurrenten, die Moto 59 abschreckten – L’Osteria und The ASH – stehen im Hintergrund zu einem guten Teil unter derselben unternehmerischen Führung. Welche Relevanz hat diese Verflechtung? Offiziell mag sie keine Rolle spielen, doch in der Gastronomiebranche sind Netzwerke und Beziehungen oft entscheidend. Man darf spekulieren, dass Udo Hänold die Expansionspläne seines früheren Chefs kannte und einschätzen konnte, welche Zugkraft dessen Betriebe in Münster entfalten würden. Eventuell wollte er keinen direkten Konkurrenzkampf mit Hahnes Konzepten eingehen – sei es aus Respekt vor dem ehemaligen Mentor oder aus nüchterner Einsicht in dessen Marktmacht. Dass Kent Hahne ausgerechnet beide neuen Restaurants in Münster (direkt oder indirekt) verantwortet, bedeutet auch: Marktstrategisch wurden hier keine Zufallsentscheidungen getroffen. Die parallele Eröffnung von The ASH und einer zweiten L’Osteria an der Trauttmansdorffstraße spricht für einen durchdachten Schachzug, die Münsteraner Gastrolandschaft gezielt zu besetzen. Moto 59 wäre als dritte ähnliche Marke im selben Zeitraum womöglich ins Hintertreffen geraten. Von wirtschaftlichen Verflechtungen im Sinne gemeinsamer Beteiligungen zwischen Moto 59 und den Konkurrenten ist zwar nichts bekannt – Moto 59 wird von der Kölner Big Magic Group als Franchisegeber vorangetrieben, während Hahnes Apeiron GmbH hinter The ASH steht und L’Osteria ein eigenes Franchise-System hat. Dennoch zeigt der Fall, wie personelle Überschneidungen indirekt Einfluss haben können. Die Entscheidung von Moto 59 mag offiziell mit Marktlogik begründet sein, doch die Hintergründe im Beziehungsgeflecht der Akteure liefern zusätzlichen Kontext: Ein starker Unternehmer dominierte bereits das Feld, ein aufstrebendes Konzept zog sich zurück. Fazit: Standortfrage und Konkurrenzdruck als Signal für Münsters Gastro-Markt Ist der Hafen Münster nun grundsätzlich attraktiver für Gastronomie als die Trauttmansdorffstraße? Für klassische Szenegastronomie und neue Bars sicherlich – hier bietet das Hafenviertel ein Publikum, das anderswo in der Stadt so nicht flaniert. Für große Systemgastronomie mit viel Platzbedarf kann dagegen ein weniger zentrumsnaher Standort mit Parkraum attraktiv sein, wie das Beispiel Trauttmansdorffstraße zeigt. Die Argumentation von Moto 59 wirkt vor diesem Hintergrund plausibel: Die Macher erkannten, dass weder der Standort Hafen noch die Ausweichadresse Trauttmansdorffstraße zum Erfolg geführt hätten, wenn gleichzeitig zwei große Konkurrenten einen Großteil der Zielgruppe abdecken. Statt am Hafen ins Rennen zu gehen und sich in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit L’Osteria und The ASH messen zu müssen, zog Moto 59 die Reißleine. Für Münsters Gastronomie-Branche ist dieser Rückzug ein aufschlussreiches Signal. Er unterstreicht, dass Standortentscheidungen immer im Kontext des Gesamtmarktes gesehen werden müssen. Ein angesagtes Viertel allein garantiert keinen Erfolg, wenn das Konzept nicht einzigartig genug ist. Neue Restaurants – ob am Hafen oder anderswo – brauchen heute entweder eine klare Nische oder starke Alleinstellungsmerkmale, um sich gegen etablierte Mitbewerber zu behaupten. Die Episode zeigt auch, wie stark große Ketten die lokale Gastrolandschaft beeinflussen: Investieren sie Millionen und eröffnen gleich mehrfach, können kleinere Konzepte ins Wanken geraten, noch bevor der erste Burger über den Tresen gegangen ist. Münster bleibt ein attraktiver Markt, doch die Messlatte für neue Gastro-Konzepte liegt hoch – am Hafen genauso wie an der Trauttmansdorffstraße.
Symbolbild: Robin Stickel

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Der überraschende Rückzug der Restaurantkette Moto 59 vom Münsteraner Hafen wirft Fragen zur Standortwahl auf. Noch im Sommer 2024 war eine Neueröffnung am frisch entwickelten Hafenmarkt angekündigt. Doch stattdessen entschied sich Moto 59 gegen den Standort – offiziell wegen der starken Konkurrenz durch L’Osteria und The ASH. Ist dieses Argument stichhaltig? Und gilt der Hafen Münster generell als attraktiver für Gastronomiekonzepte als die Trauttmansdorffstraße (Standort der konkurrierenden Restaurants)? Eine Analyse der Gastronomie-Situation beleuchtet beide Standorte, die Konkurrenzlage sowie mögliche Verflechtungen der Betreiber.

Gastronomie am Hafen Münster: Trendviertel mit hoher Frequenz und Preisen

Der Hafen in Münster – oft „Kreativkai“ genannt – hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer Top-Adresse für Gastronomie und Ausgehen entwickelt

. Entlang des Hafenbeckens reihen sich über ein Dutzend Bars und Restaurants. Bereits 2017 zählte man rund 15 Gastronomiebetriebe mit Außengastronomie am Nordufer, die gemeinsam eine attraktive Ausgehmeile bilden. Insbesondere abends und am Wochenende pulsiert hier das Leben: Studenten, junge Berufstätige und Touristen genießen die vielfältigen Angebote am Wasser. Eine neu gestaltete Uferpromenade und die Mischung aus Kultur, Büros und Gastronomie sorgen für stetige Laufkundschaft und lebendige Atmosphäre.

Allerdings hat die Beliebtheit ihren Preis. Das Hafenviertel ist durch Gentrifizierung geprägt – Mietpreise für Gewerbeflächen zählen zu den höchsten der Stadt. Für Büroflächen wurden bereits um 2010 Spitzenmieten von etwa 14 € pro Quadratmeter erzielt; für gastronomische Flächen in Premiumlage dürften ähnliche oder höhere Preise fällig sein. Zugleich ist die Konkurrenz am Hafen groß: Viele Lokale buhlen um ein ähnliches Publikum. Wer hier besteht, braucht ein überzeugendes Konzept, denn einfache Standard-Gastronomie geht in der Masse unter. Die Zielgruppe am Hafen – überwiegend ein trendbewusstes, junges Publikum – erwartet Vielfalt und Qualität. Die hohe Frequenz an Besuchern kann zwar volle Terrassen bedeuten, aber auch Lärm und Verkehrsaufkommen in den Abendstunden. Kurz: Der Hafen Münster bietet ein enormes Potenzial für Gastronomen, verlangt ihnen aber auch Innovationskraft und eine robuste Kalkulation ab.

Trauttmansdorffstraße vs. Hafen: Zwei unterschiedliche Gastronomiestandorte

Im Vergleich zum Hafenviertel präsentiert sich die Trauttmansdorffstraße als gänzlich anderer Standort. Hier, unweit des Preußen-Stadions und entlang des Dortmund-Ems-Kanals, hat sich jüngst ein neuer Gastronomieschwerpunkt entwickelt. Die Lage liegt am Rand der Innenstadt in einem Gewerbegebiet, das bislang weniger für Ausgehkultur bekannt war. Mit der Ansiedlung von L’Osteria und The ASH (Eröffnung im Oktober 2024) wird das Areal jedoch zum Anziehungspunkt. Beide Systemgastronomie-Riesen eröffneten nahezu zeitgleich an der Trauttmansdorffstraße 63–65 und investierten kräftig in ihre Standorte. The ASH etwa baute einen großzügigen Neubau („Freestander“) mit 180 Innenplätzen, großer Bar und 160 Terrassenplätzen, inklusive aufwändig gestalteter Piazza und Parkplätzen. Auch L’Osteria bietet hier viel Fläche und Parkmöglichkeiten – ein klares Signal, dass man auf Gäste mit Auto und Familien setzt, die bequem vor der Tür parken können.

Passantenfrequenz und Umfeld unterscheiden sich deutlich vom Hafen: Während am Kreativkai viele Besucher spontan von Lokal zu Lokal ziehen, ist die Trauttmansdorffstraße eher ein Ziel-Standort. Gäste kommen gezielt, etwa für einen Familienabend, ein Steak-Dinner oder einen Pizza-Abend, oft mit dem Auto. Laufkundschaft vom Einkaufen oder Flanieren gibt es hier weniger, da es keine vergleichbare Kneipendichte ringsum gibt. Allerdings finden sich in der Nähe Freizeiteinrichtungen wie ein Bowling-Center und das Fußballstadion, was zu Stoßzeiten zusätzliches Publikum bringen kann. Mietpreise dürften in diesem peripheren Industriegebiet niedriger sein als in 1A-Lagen der Innenstadt – für große Ketten ein Vorteil, um auf großer Fläche zu expandieren. Die Eignung für Gastronomiekonzepte hängt hier stark vom Format ab: Große Erlebnisgastronomie mit Bekanntheitsgrad profitiert von der guten Erreichbarkeit und dem Platzangebot. Kleinere, unbekanntere Konzepte hingegen müssten ohne die Hafen-typische Laufkundschaft verstärkt in Marketing investieren, damit Gäste den Weg dorthin finden.

Unterm Strich lässt sich kein Standort pauschal als „grundsätzlich attraktiver“ bewerten – es kommt auf das Konzept an. Der Hafen Münster garantiert Sichtbarkeit und hippe Umgebung, verlangt aber Alleinstellungsmerkmale, um sich gegen viele Mitbewerber abzuheben. Die Trauttmansdorffstraße bietet Expansionsfläche und weniger direkte Gastro-Nachbarn, dafür aber keinen eingebetteten Szenekiez. Attraktivität bedeutet hier also Unterschiedliches: Der Hafen lockt durch Flair und bestehende Publikumsmagneten, die Trauttmansdorffstraße durch Raum und Exklusivität im Umfeld.

Konkurrenz durch L’Osteria und The ASH: Wie plausibel ist Moto 59s Argument?

Die Betreiber von Moto 59 führen explizit die neue Konkurrenzsituation in Münster als Grund für ihren Rückzieher an. Tatsächlich hatten zwei Big Player – L’Osteria (italienische Pizza- und Pastakette) und The ASH (American Steakhouse/Bar-Konzept) – im selben Zeitraum massive Investitionen in Münster getätigt. Beide eröffneten Filialen, die konzeptionell zumindest teilweise mit Moto 59 überlappen: Moto 59 setzt auf ein Mix-Konzept aus Burgern, Pommes und Pasta für ein junges, trendiges Publikum. Genau diese Schnittmenge bedienen auch L’Osteria (italienische Pasta, Pizza in großer Portion für junge Leute) und The ASH (Burger und Bar-Ambiente für trendbewusste Gäste) in ihren neuen Niederlassungen. Die Big Magic Group aus Köln, Lizenzgeberin von Moto 59, sah darin offenbar ein ernstzunehmendes Risiko: Man fürchtete, dass die Millioneninvestitionen der Konkurrenz und deren starke Markenanziehung Moto 59 den Markteintritt in Münster erschweren würden. Schließlich verfügen L’Osteria und The ASH über eingespielte Konzepte, Marketingpower und eine bestehende Fanbasis – Faktoren, mit denen ein neuer Spieler erst einmal mithalten muss.

Doch wie berechtigt ist dieses Argument? Einerseits erscheint es nachvollziehbar, dass Moto 59 nicht in einen Verdrängungswettbewerb mit zwei Gastronomie-Großprojekten gehen wollte. Die Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, kann aber auch kleiner positionierten Konzepten schnell die Gäste abgraben, gerade wenn das Angebot ähnlich ist. Moto 59 hätte am Hafen zwar einen anderen Standort gehabt als L’Osteria und The ASH (die ja an der Trauttmansdorffstraße sitzen), doch in einer Stadt wie Münster bewegen sich Gäste innerhalb weniger Kilometer. Wer Lust auf Burger oder Pasta hat, hätte ab Ende 2024 die Wahl zwischen den etablierten Markenrestaurants mit großem Namen und dem neuen Moto 59. Aus Sicht der Moto 59-Macher war die Gefahr groß, dass viele die bekannten Konkurrenten vorziehen – sei es aus Neugier auf den neuen Steakhouse-Hotspot oder weil L’Osteria als Marke vertraut ist.

Andererseits könnte man argumentieren, dass der Hafen als Standort Moto 59 auch Vorteile bot, die die Konkurrenten in ihrem Gewerbegebiet nicht haben: Laufkundschaft und Sichtbarkeit in einem populären Ausgehviertel. Einige Gastro-Fans in Münster reagierten verwundert, warum Moto 59 sich so sehr von der Konkurrenz einschüchtern ließ, statt es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Immerhin wäre Moto 59 am Hafen derzeit der einzige Vertreter seines Konzepts, während an der Trauttmansdorffstraße gleich zwei große Restaurants direkt nebeneinander um Gäste konkurrieren. Dennoch darf man den Gesamtmarkt nicht vergessen: Münster kann nur eine gewisse Anzahl an neuen Restaurant-Plätzen verkraften. Die Marktsättigung im Segment „Burger/Pasta & Co.“ war durch die Neuankömmlinge vermutlich erreicht. Ohne einzigartige Positionierung liefen die Moto 59-Macher Gefahr, in einem schwierigen Umfeld zu starten. So gesehen ist das Rückzugs-Argument durchaus schlüssig – es spiegelt einen vorsichtigen strategischen Schritt, um Verluste zu vermeiden. Im Ergebnis steht das Hafen-Lokal bis auf Weiteres leer, doch der Projektentwickler sucht bereits nach einem neuen Mieter. Für den Standort an sich findet sich also vermutlich bald Ersatz, was andeutet: Nicht der Hafen ist das Problem, sondern die Kombination aus Konzept und Konkurrenz.

Verflechtungen der Betreiber: Wie eng hängen Moto 59, L’Osteria und The ASH zusammen?

Interessant ist bei genauerem Hinsehen, dass die beteiligten Marken und Personen in Münster teils persönlich und wirtschaftlich vernetzt sind. Ein möglicher leiser Faktor bei der Moto 59-Entscheidung könnte die Verbindung der Betreiber sein. So ist bekannt, dass Udo Hänold – der Betreiber mehrerer Moto 59-Filialen – früher für Kent Hahne gearbeitet hat. Kent Hahne wiederum ist kein Unbekannter in der Gastro-Branche: Er ist der Gründer und CEO von The ASH und steht somit hinter einem der neuen Großprojekte in Münster. Doch damit nicht genug der Überschneidungen. Hahne ist gleichzeitig der größte Franchisepartner von L’Osteria in Deutschland und betreibt aktuell 33 L’Osteria-Restaurants. Mit anderen Worten: Die beiden großen Konkurrenten, die Moto 59 abschreckten – L’Osteria und The ASH – stehen im Hintergrund zu einem guten Teil unter derselben unternehmerischen Führung.

Welche Relevanz hat diese Verflechtung? Offiziell mag sie keine Rolle spielen, doch in der Gastronomiebranche sind Netzwerke und Beziehungen oft entscheidend. Man darf spekulieren, dass Udo Hänold die Expansionspläne seines früheren Chefs kannte und einschätzen konnte, welche Zugkraft dessen Betriebe in Münster entfalten würden. Eventuell wollte er keinen direkten Konkurrenzkampf mit Hahnes Konzepten eingehen – sei es aus Respekt vor dem ehemaligen Mentor oder aus nüchterner Einsicht in dessen Marktmacht. Dass Kent Hahne ausgerechnet beide neuen Restaurants in Münster (direkt oder indirekt) verantwortet, bedeutet auch: Marktstrategisch wurden hier keine Zufallsentscheidungen getroffen. Die parallele Eröffnung von The ASH und einer zweiten L’Osteria an der Trauttmansdorffstraße spricht für einen durchdachten Schachzug, die Münsteraner Gastrolandschaft gezielt zu besetzen. Moto 59 wäre als dritte ähnliche Marke im selben Zeitraum womöglich ins Hintertreffen geraten.

Von wirtschaftlichen Verflechtungen im Sinne gemeinsamer Beteiligungen zwischen Moto 59 und den Konkurrenten ist zwar nichts bekannt – Moto 59 wird von der Kölner Big Magic Group als Franchisegeber vorangetrieben, während Hahnes Apeiron GmbH hinter The ASH steht und L’Osteria ein eigenes Franchise-System hat. Dennoch zeigt der Fall, wie personelle Überschneidungen indirekt Einfluss haben können. Die Entscheidung von Moto 59 mag offiziell mit Marktlogik begründet sein, doch die Hintergründe im Beziehungsgeflecht der Akteure liefern zusätzlichen Kontext: Ein starker Unternehmer dominierte bereits das Feld, ein aufstrebendes Konzept zog sich zurück.

Fazit: Standortfrage und Konkurrenzdruck als Signal für Münsters Gastro-Markt

Ist der Hafen Münster nun grundsätzlich attraktiver für Gastronomie als die Trauttmansdorffstraße? Für klassische Szenegastronomie und neue Bars sicherlich – hier bietet das Hafenviertel ein Publikum, das anderswo in der Stadt so nicht flaniert. Für große Systemgastronomie mit viel Platzbedarf kann dagegen ein weniger zentrumsnaher Standort mit Parkraum attraktiv sein, wie das Beispiel Trauttmansdorffstraße zeigt. Die Argumentation von Moto 59 wirkt vor diesem Hintergrund plausibel: Die Macher erkannten, dass weder der Standort Hafen noch die Ausweichadresse Trauttmansdorffstraße zum Erfolg geführt hätten, wenn gleichzeitig zwei große Konkurrenten einen Großteil der Zielgruppe abdecken. Statt am Hafen ins Rennen zu gehen und sich in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit L’Osteria und The ASH messen zu müssen, zog Moto 59 die Reißleine.

Für Münsters Gastronomie-Branche ist dieser Rückzug ein aufschlussreiches Signal. Er unterstreicht, dass Standortentscheidungen immer im Kontext des Gesamtmarktes gesehen werden müssen. Ein angesagtes Viertel allein garantiert keinen Erfolg, wenn das Konzept nicht einzigartig genug ist. Neue Restaurants – ob am Hafen oder anderswo – brauchen heute entweder eine klare Nische oder starke Alleinstellungsmerkmale, um sich gegen etablierte Mitbewerber zu behaupten. Die Episode zeigt auch, wie stark große Ketten die lokale Gastrolandschaft beeinflussen: Investieren sie Millionen und eröffnen gleich mehrfach, können kleinere Konzepte ins Wanken geraten, noch bevor der erste Burger über den Tresen gegangen ist. Münster bleibt ein attraktiver Markt, doch die Messlatte für neue Gastro-Konzepte liegt hoch – am Hafen genauso wie an der Trauttmansdorffstraße.

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