
In Münster sorgt der Plan der Stadt, mehrere historisch belastete Straßennamen zu ändern, für hitzige Diskussionen zwischen Anwohnern und Verwaltung. Im Zuge dieses Streits hat eine Online-Petition formiert, die sich gegen die geplanten Umbenennungen richtet und den Erhalt der alten Straßennamen fordert.
Das Straßenschild der Tannenbergstraße in Münster. Diese Straße wurde in der NS-Zeit nach einem Ort einer großen Schlacht von 1914 benannt und steht exemplarisch für die historisch belasteten Straßennamen. Die Petition will die Umbenennung mehrerer Straßennamen verhindern, die während der NS-Zeit vergeben wurden. Zu den betroffenen Straßen zählen unter anderem die Admiral-Scheer-Straße, Admiral-Spee-Straße, Otto-Weddigen-Straße, Prinz-Eugen-Straße, Skagerrakstraße und Tannenbergstraße, deren Namen in den 1930er Jahren verliehen wurden. Die Initiatoren betonen, dass diese Namen zwar zur Zeit des Nationalsozialismus eingeführt wurden, die namensgebenden Personen oder Orte selbst jedoch „nicht mit dem Nationalsozialismus in Verbindung stehen“. Eine Umbenennung wäre daher aus ihrer Sicht eine unzulässige „Umschreibung der Geschichte“. Statt Straßennamen zu tilgen, fordert die Petition, historische Kontexte aufzuarbeiten und durch Erklärungsschilder oder Bildungsarbeit verständlich zu machen. Zudem verweist sie auf praktische Nachteile von Umbenennungen – etwa hohe Kosten, bürokratischen Aufwand für Bürger und Verwaltung sowie das Gefühl der „Entwurzelung“ bei langjährigen Anwohnern. Als Präzedenzfall wird erinnert, dass nach der umstrittenen Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz im Jahr 2012 ein parteiübergreifender Konsens bestand, dieses Thema nicht weiter zu verfolgen.
Die Petition wurde Anfang Februar 2025 ins Leben gerufen. Bis Anfang April 2025 hat sie bereits über 1.600 Unterschriften von Unterstützerinnen und Unterstützern gesammelt. Das nächste Zwischenziel sind 2.500 Unterzeichnungen. Die wachsende Resonanz zeigt, dass viele Bürger Münsters – insbesondere Bewohner der betroffenen Straßen – das Anliegen teilen. Die Initiatoren kündigten an, bei Bedarf ein formelles Bürgerbegehren einzuleiten, um etwaige Beschlüsse zur Umbenennung durch einen Bürgerentscheid rückgängig zu machen.
Unterstützt wird die Petition vor allem durch die Bürgerinitiative „Bürger für Münster“, die eigens gegen die Straßenumbenennungen gegründet wurde. Zahlreiche Anwohner der betroffenen Straßenzüge haben sich angeschlossen. Auch aus der Kommunalpolitik kommt Rückendeckung für das Anliegen: So sprach sich die CDU-Ratsfraktion deutlich gegen eine „umstrittene Umbenennungswelle“ aus und fordert, keine Straßenumbenennung „über die Köpfe der betroffenen Anlieger hinweg“ zu vollziehen. CDU-Fraktionschef Stefan Weber betonte, es gebe „keine Notwendigkeit“ für derartige Änderungen, und verwies darauf, dass ohne Zustimmung der Anwohner keine Umbenennung beschlossen werden solle. Sein Fraktionskollege Stefan Leschniok kritisierte, dass Grüne, SPD und Volt „die Büchse der Pandora […] geöffnet“ hätten – in Anspielung darauf, dass diese Parteien die neue Debatte über Münsters Straßennamen angestoßen haben.
Auf der anderen Seite gibt es Kritik an der Petition von den Befürwortern der Umbenennungen. Insbesondere Politiker von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Volt sprechen sich dafür aus, Straßennamen mit problematischer Entstehungsgeschichte aus dem Stadtbild zu entfernen. Diese Ratsmehrheit hatte den Prüfprozess für die in den 1930er Jahren vergebenen Straßennamen initiiert. Ihr Ziel ist es, Straßennamen mit engerem NS-Bezug oder propagandistischer Funktion der NS-Zeit – sogenannte „belastete Straßennamen“ – umzubenennen. Aus ihrer Sicht ist die Bereinigung des Straßenbildes ein Schritt der historischen Aufarbeitung und Distanzierung von der NS-Ideologie. Entsprechend wird die gegenläufige Petition von einigen als rückwärtsgewandt kritisiert, da sie an ehemals von der NS-Zeit beeinflussten Benennungen festhalten will. Vertreter der genannten Parteien verweisen darauf, dass man zwar die Anwohner anhört, am Ende jedoch eine Abwägung erfolgen muss, bei der die historischen Gutachten und der Bildungsauftrag berücksichtigt werden. In der öffentlichen Debatte prallen diese Positionen aufeinander, was die Kontroverse um Münsters Straßennamen aktuell zu einem der meistdiskutierten lokalen Themen macht.