
Das Thema „Aggressives Verhalten an Förderschulen“ sorgt zunehmend für Diskussionen in Münster. Lehrkräfte und pädagogisches Personal berichten von einer steigenden Zahl körperlicher und psychischer Auseinandersetzungen im Schulalltag. Ein aktuelles Positionspapier der Caritas des Bistum Münster macht deutlich, dass die Belastungsgrenze vieler Schulen erreicht ist. Die Forderungen nach mehr Personal, besseren Rahmenbedingungen und gezielten Fördermaßnahmen werden lauter.
Auch an der Heinrich-Tellen-Schule in Warendorf ist diese Entwicklung spürbar. Sonderpädagogin Anne Große Stetzkamp spricht von einer enormen Mehrbelastung für die Lehrkräfte, die weit über ihre eigentliche Arbeit hinausgeht. Trotz ihres Engagements und ihrer Begeisterung für den Beruf nehmen die Herausforderungen stetig zu. Gewaltvorfälle, stressbedingte Überlastung und fehlende Unterstützung durch zusätzliche Fachkräfte verschärfen die Lage.
Die wachsende Zahl herausfordernder Verhaltensweisen an Förderschulen ist kein Einzelfall, sondern ein flächendeckendes Phänomen. Das Positionspapier der Caritas, das von zwölf Förderschulen im Bistum Münster mitgetragen wird, fasst die aktuelle Situation zusammen. Demnach sind 94 Prozent der Lehrkräfte an Förderschulen regelmäßig mit körperlichen Angriffen wie Schlagen, Spucken oder Treten konfrontiert.
Eine Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt zudem, dass zehn Prozent der befragten Lehrkräfte täglich Gewalterfahrungen machen. Darüber hinaus gaben 73 Prozent an, regelmäßig psychischer Gewalt ausgesetzt zu sein. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig: Traumatisierungen, Flucht- und Gewalterfahrungen, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie sowie die Zunahme von Autismus-Diagnosen.
Das Positionspapier der Caritas fordert umfassende Maßnahmen, um die steigenden Herausforderungen bewältigen zu können. Neben der Aufstockung des Personals soll ein multiprofessionelles Team aus Sonderpädagogen, Therapeuten und Sozialarbeitern die Lehrkräfte unterstützen. Zudem fordert die Caritas:
Der Schulleiter der Heinrich-Tellen-Schule, Tobias Mörth, sieht dringenden Handlungsbedarf. „Das derzeitige Fördersystem ist 40 Jahre alt und entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Die Gesellschaft verändert sich, und damit müssen sich auch die Strukturen anpassen“, so Mörth. Er warnt davor, dass die psychische und physische Belastung der Lehrkräfte langfristig zu einem Fachkräftemangel führen könnte.
Die öffentliche Hand und die Caritas stoßen finanziell und organisatorisch an ihre Grenzen. Dennoch ist klar, dass das Fördersystem modernisiert werden muss, um weiterhin eine qualifizierte Sonderpädagogik bieten zu können. In vielen Schulen gibt es bereits erfolgreiche Konzepte, doch ohne zusätzliche Unterstützung kann der hohe Standard nicht gehalten werden.
Die Caritas betont, dass es nicht nur um bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte geht, sondern auch um das Wohl der Schülerinnen und Schüler. Individuelle Förderung, Schutzräume und therapeutische Begleitung können dazu beitragen, dass herausforderndes Verhalten reduziert wird. Ohne zusätzliche Mittel sei dies jedoch kaum umsetzbar.
Die Caritas sieht sowohl die Politik als auch die Gesellschaft in der Verantwortung. Es geht darum, die Realität an Förderschulen anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Die steigenden Herausforderungen dürfen nicht allein den Schulen überlassen werden.
Ob es zu einer schnellen Umsetzung der Forderungen kommt, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass das Problem nicht ignoriert werden kann. Die steigende Zahl an Vorfällen zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Zukunft der Förderschulen hängt davon ab, ob die notwendigen Veränderungen rechtzeitig umgesetzt werden.