
Münster. Eine neue Studie der Allianz Direct: Beim Thema Pendeln zur Arbeit gehört Münster zu den fünf Städten mit der höchsten täglichen Fahrzeit in Deutschland. Und das, obwohl die durchschnittliche Strecke mit nur 15,8 Kilometern vergleichsweise kurz ausfällt. Was auf den ersten Blick nach einem soliden Ergebnis klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als deutlich schlechter, als viele es vermuten würden.
Laut der Untersuchung verbringen Berufstätige in Münster im Schnitt 30,47 Minuten pro Tag auf dem Weg zur Arbeit – das ist der fünftschlechteste Wert im Ranking von 29 deutschen Städten. Noch länger dauert der Arbeitsweg nur in Leipzig, München, Mannheim und Augsburg. Selbst Städte mit größerer Fläche und mehr Einwohnern, etwa Düsseldorf oder Köln, schneiden besser ab.
Dabei ist die zurückgelegte Strecke in Münster mit 15,8 Kilometern eher kurz. Umso auffälliger ist das Verhältnis zwischen Distanz und Zeit. Münster braucht im Schnitt knapp zwei Minuten pro Kilometer – das deutet auf einen stockenden Verkehr, niedrige Durchschnittsgeschwindigkeiten und strukturelle Probleme hin.
Münster gilt als fahrradfreundlich und kompakt – doch die Realität im Berufsverkehr erzählt eine andere Geschichte. Besonders auf dem Ring und den Hauptzufahrten aus dem Umland kommt es regelmäßig zu Staus. Baustellen, wie aktuell an der Weseler Straße, verstärken das Problem zusätzlich. Wer aus Stadtteilen wie Gievenbeck, Hiltrup oder Kinderhaus pendelt, braucht oft deutlich länger als erwartet.
Zwar nutzen viele Münsteraner das Fahrrad oder den Bus. Doch gerade Berufstätige aus dem Umland sind weiterhin auf das Auto angewiesen. Für sie bedeutet Pendeln zur Arbeit häufig lange Standzeiten und ein hohes Stresslevel – trotz der kurzen Luftlinie zwischen Wohnort und Arbeitsplatz.
Noch kritischer wird das Bild, wenn man die tägliche Pendelzeit ins Verhältnis zur Strecke setzt. Während Städte wie Duisburg oder Wuppertal mit Geschwindigkeiten von über 45 km/h im Berufsverkehr glänzen, bleibt Münster hier deutlich zurück. Die Studie listet Münster zwar nicht bei den langsamsten zehn Städten – doch der errechnete Wert von knapp 31 km/h zeigt: Münster fährt im unteren Mittelfeld.
Je Kilometer brauchen Pendlerinnen und Pendler in Münster im Schnitt fast zwei Minuten Fahrzeit – das ist ineffizient und wirkt sich langfristig auf Lebensqualität, Produktivität und Umwelt aus. Der vermeintlich kurze Weg wird durch stockenden Verkehr und schlechte Taktung im ÖPNV spürbar ausgebremst.
Die Studie zeigt außerdem, dass die Fahrzeit in fast allen Städten am Nachmittag deutlich ansteigt. Auch in Münster dauert der Heimweg länger als die morgendliche Hinfahrt. Besonders donnerstags um 16:00 Uhr ist bundesweit mit dem höchsten Verkehrsaufkommen zu rechnen. An diesem Tag verlängert sich die Fahrtzeit für eine 10-Kilometer-Strecke im Schnitt um fast vier Minuten. Für viele Münsteraner bedeutet das: Noch mehr Zeitverlust, noch mehr Stress.
Freitage hingegen zeigen ein anderes Bild. Die Zahlen belegen, dass der Berufsverkehr am letzten Werktag spürbar abnimmt. Das liegt vor allem an zunehmender Flexibilität durch Homeoffice und veränderte Arbeitszeitmodelle. Auch in Münster ist diese Entlastung spürbar – zumindest in Teilen.
Auf den ersten Blick scheint Münster mit seiner kompakten Struktur und kurzen Wegen ideale Bedingungen für Berufspendler zu bieten. Doch die Daten erzählen eine andere Geschichte. Wer in Münster zur Arbeit pendelt, braucht im bundesweiten Vergleich überraschend lange – vor allem gemessen an der tatsächlich zurückgelegten Strecke.