Provinzial Logo
Consident.de

Tatort Schule: NRW zählt fast 25.000 Straftaten im Jahr

Entdecken Sie, wie NRW mit zeitweisen Schulstraßensperrungen die Sicherheit für Kinder und Jugendliche erhöht und den Elterntaxis entgegenwirkt. Ein wichtiger Schritt für eine sicherere Umgebung.
Foto: Hannah Alkadi

Teilen:

Die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten mit dem Tatort „Schule“ in Nordrhein-Westfalen ist im Jahr 2023 auf 24.925 gestiegen. Das geht aus der Landtagsdrucksache 18/13692 hervor, die auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion zurückgeht. Schon 2022 lag die Zahl bei 24.513 und damit 18,6 Prozent höher als vor der Corona-Pandemie. Die Zahlen wirken dramatisch, doch sie werfen auch Fragen auf: Was genau wird gezählt? Wie lassen sich die Entwicklungen einordnen? Und welche politischen Absichten stehen hinter der Erhebung?

Welche Straftaten an Schulen werden gezählt?

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfasst alle Straftaten, die innerhalb eines Schulgebäudes, auf dem umzäunten Schulgelände oder im unmittelbaren Umfeld einer Schule begangen werden. Dazu zählen nicht nur Vorfälle während des Unterrichts, sondern auch Taten am Nachmittag, Abend oder Wochenende. Einbrüche, Vandalismus oder Diebstähle auf Schulhöfen fließen also ebenso ein wie Gewaltvorfälle zwischen Schülerinnen und Schülern.

Die mit Abstand häufigsten Delikte sind Körperverletzungen, Diebstähle und Sachbeschädigungen. 2022 entfielen laut PKS NRW rund 3.700 Fälle auf einfache Körperverletzung, rund 1.500 auf gefährliche Körperverletzung. Weitere 8.100 Fälle waren Diebstähle, über 4.700 Sachbeschädigungen. Auch Nötigung, Bedrohung, Raub und sexualisierte Gewalt werden erfasst. Letztere machten 2022 mit 729 Fällen einen kleineren, aber besonders sensiblen Anteil aus.

Entwicklung seit 2019: Pandemie als Faktor

Der Anstieg der Schulstraftaten ist kein kurzfristiges Phänomen. Bereits zwischen 2019 und 2022 stieg die Zahl um fast 19 Prozent. 2023 setzte sich dieser Trend leicht fort. Viele Fachleute sehen einen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie: Lockdowns, Distanzunterricht und eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten hätten die psychosoziale Entwicklung vieler Jugendlicher negativ beeinflusst.

NRW-Innenminister Herbert Reul erklärte, die zwei Jahre Pandemie hätten den Kindern „Raum für soziale Entwicklung genommen“. Gleichzeitig räumte sein Ministerium ein, dass unklar sei, ob der Anstieg auf reale Zunahmen oder vermehrte Anzeigen zurückgeht. Die PKS bildet lediglich das „Hellfeld“ ab – also die Taten, die zur Anzeige gebracht und statistisch erfasst wurden.

Wie politisch sind die Zahlen?

Die aktuelle Landtagsdrucksache basiert auf einer Kleinen Anfrage der AfD. Die Fraktion hatte nicht nur nach Fallzahlen gefragt, sondern auch nach der Staatsangehörigkeit und den Vornamen der Tatverdächtigen. Diese Art der Datenerhebung ist umstritten. Kritiker werfen der AfD vor, Ängste zu schüren und ein einseitiges Bild zu zeichnen. Tatsächlich waren laut PKS die meisten Tatverdächtigen deutscher Staatsangehörigkeit.

Mehrere Experten, darunter Kriminologe Klaus Boers, betonen, dass Gewaltbereitschaft nicht pauschal mit Herkunft zu erklären sei. Entscheidend seien soziale Faktoren wie Perspektivlosigkeit, schlechte Bildungschancen und familiäre Probleme.

Was tun gegen Gewalt an Schulen?

Die Landesregierung setzt auf eine Doppelstrategie: Repression gegen schwere Delikte und Prävention durch sozialpädagogische Maßnahmen. Schulen sind inzwischen verpflichtet, Schutzkonzepte gegen Gewalt zu entwickeln. Polizei und Schulaufsicht bieten Fortbildungen, Informationsmaterial und konkrete Programme wie „Starke Kids“.

Auch Schulsozialarbeit spielt eine zentrale Rolle. Viele Schulen arbeiten eng mit Jugendamt, Polizei und externen Trägern zusammen, um Risikoschüler frühzeitig aufzufangen. Zudem gibt es Programme zur Mobbingprävention, Gewaltfreie Kommunikation und Mediation.

Differenzierte Einordnung statt Skandalisierung

Die Zahl von 24.925 Schulstraftaten in NRW im Jahr 2023 ist hoch – aber nicht eindeutig alarmierend. Viele Delikte sind leichterer Natur oder finden außerhalb des Unterrichts statt. Die Zahlen zeigen vor allem, dass Schule kein abgeschotteter Raum ist, sondern Teil gesellschaftlicher Entwicklungen.

Wer Gewalt an Schulen wirksam begegnen will, braucht differenzierte Analysen, präventive Strukturen und eine sachliche Debatte – fernab von parteipolitischer Instrumentalisierung.

Teilen:

Münster Map
Route anzeigen

Mehr Beiträge: