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Jens Spahn unter Druck: Bericht zu Maskendeals offenbart schwere Versäumnisse

Der Bundestag befasst sich mit dem Bericht zur Maskenbeschaffung unter Jens Spahn. Milliardenschäden, Kritik am Krisenmanagement und politische Forderungen
Symbolbild: Brett Jordan

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Der rund 170 Seiten starke Bericht wurde 2024 vom damaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Auftrag gegeben. Er liegt nun dem Bundestag vor, teils geschwärzt. Die Kritik fällt deutlich aus. Jens Spahn habe zentrale Entscheidungen bei der Maskenbeschaffung im Alleingang getroffen und dabei den Rat seiner Fachabteilungen ignoriert. Statt eines gesteuerten Verfahrens sei es zu einer überhasteten Vergabepraxis gekommen, die große Haushaltsrisiken verursacht habe.

Allein über das Open-House-Verfahren wurden Verträge im Gesamtwert von mehr als 11,6 Milliarden Euro geschlossen. Dabei habe es keine Preisverhandlungen gegeben. Viele Lieferungen seien zudem nicht erfolgt. Trotzdem drohen dem Bund nun milliardenschwere Nachzahlungen – unter anderem wegen laufender Gerichtsverfahren mit Firmen, deren Ware nicht angenommen wurde. Die Sonderermittlerin spricht von einem möglichen Gesamtschaden in Höhe von bis zu 3,7 Milliarden Euro inklusive Zinsen.

Persönliches Vorgehen und fehlende Kontrolle

Besonders kritisch wird die Rolle Spahns selbst bewertet. Der Bericht wirft ihm vor, zu wenig Vertrauen in die Bundesverwaltung gehabt und auf zentrale Kontrollmechanismen verzichtet zu haben. Entscheidungen seien nicht bedarfsgerecht, sondern impulsiv getroffen worden. Die Sonderermittlerin kritisiert außerdem eine egozentrierte Amtsführung. Spahns Stil sei weniger von Zusammenarbeit als vom Bestreben nach persönlichem Durchgriff geprägt gewesen. Intern sei vom „Team Ich“ statt vom „Team Staat“ gesprochen worden.

Zudem steht die Beauftragung des Logistikunternehmens Fiege aus dem Münsterland im Fokus. Der Auftrag wurde ohne Ausschreibung vergeben. Das Unternehmen hatte in der Pandemie kurzfristig Lager- und Verteilkapazitäten bereitgestellt. Laut Bericht hätte es jedoch ein reguläres Verfahren geben müssen.

Spahn zeigt sich unbeeindruckt

Im Ausschuss verteidigte Jens Spahn sein Handeln. Er räumte zwar ein, dass nicht alles optimal gelaufen sei. Zugleich betonte er aber, es habe sich um eine historische Krisensituation gehandelt. Die Beschaffung von Schutzmasken sei in einem Zustand geschehen, den er als gesundheitlichen „Kriegsfall“ bezeichnete. Viele Leben hätten geschützt werden müssen. Dass der Bericht nun öffentlich sei, sei auch in seinem Interesse. Er habe ein reines Gewissen.

Opposition fordert Aufklärung

Die Reaktionen aus der Politik fallen unterschiedlich aus. Vertreter der Grünen und der Linken fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Dieser dürfte allerdings an fehlender Unterstützung scheitern. Stattdessen wurde nun eine Enquetekommission eingesetzt, die das staatliche Krisenmanagement in der Pandemie systematisch untersuchen soll. Ziel ist ein Abschlussbericht mit Empfehlungen für zukünftige Ausnahmezustände.

Politisch vorerst ohne Folgen

Obwohl der Bericht klare Vorwürfe enthält, muss Jens Spahn derzeit nicht mit politischen Konsequenzen rechnen. Aus der Koalition ist kein Rückhalt für Rücktrittsforderungen erkennbar. Auch die CDU steht weiterhin hinter ihrem Abgeordneten. Dennoch wird der Bericht Folgen für die Aufarbeitung der Pandemiepolitik haben. Die Maskendeals bleiben ein Symbol dafür, wie schwierig schnelle Entscheidungen in einer Krise mit transparentem Regierungshandeln zu vereinbaren sind.

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