
Die Pilotphase für die neue elektronische Patientenakte (ePA) ist am 15. Januar 2025 in ausgewählten Regionen – darunter Nordrhein-Westfalen (NRW) – gestartet. In NRW läuft dieser Test in Teilen des Landes, etwa in Westfalen-Lippe (zu dem auch Münster gehört) und Nordrhein. Zunächst war eine vierwöchige Erprobung geplant, um die ePA „auf Herz und Nieren“ im Praxisalltag zu prüfen. Ob ein flächendeckender Start erfolgen kann, sollte ursprünglich Mitte Februar entschieden werden. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Testphase länger dauert als vorgesehen: Noch fünf Wochen nach Start liefen nicht alle Funktionen rund, sodass die Pilotphase faktisch über den Februar hinaus fortgesetzt wurde. In Münster und Umgebung beteiligen sich ebenfalls Arztpraxen an diesem Feldtest, sodass die Region einen direkten Einblick in Chancen und Probleme der ePA-Einführung erhält. Insgesamt markiert der Beginn der ePA-Testphase in NRW einen wichtigen Schritt für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, wenn auch mit Verzögerungen und Unsicherheiten in der Umsetzung.
In der Modellregion NRW nehmen über 100 Arztpraxen an der ePA-Erprobung teil – mindestens 50 Praxen in der KV-Region Westfalen-Lippe und 50 in Nordrhein. Darunter sind Haus- und Facharztpraxen sowie Psychotherapeuten; auch einige Zahnarztpraxen machen mit. Apotheken in NRW sind hingegen nicht direkt in die Testphase eingebunden. Aufgrund von Sicherheitswarnungen (siehe unten) wurde entschieden, Apotheken nur in den Modellregionen Franken (Bayern) und Hamburg Zugriff zu geben; die Offizinen in NRW bleiben vorerst außen vor. Ursprünglich hätten Apotheken in NRW technisch bereits auf die ePA zugreifen können, doch zur Erhöhung der Datensicherheit wurde ihre Teilnahme im Pilotbetrieb ausgesetzt. Krankenhäuser sind in NRW ebenfalls beteiligt: Insgesamt vier Kliniken im Land wirken an dem Projekt mit. Diese ausgewählten Kliniken – zu denen mindestens ein Haus in Westfalen-Lippe gehört – testen die ePA im Krankenhausinformationssystem unter Alltagsbedingungen. Bundesweit sind rund 300 Einrichtungen Teil der Modellprojekte (Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Apotheken und Kliniken). Die Test-Teilnehmer in Münster und NRW repräsentieren somit einen Querschnitt der Leistungserbringer, allerdings in begrenzter Zahl. Für die übrigen Ärzte, Apotheken und Kliniken in NRW ist die ePA zwar schon für Versicherte angelegt, kann von ihnen aber erst nach Abschluss der Pilotphase genutzt werden.
Die Testphase in NRW offenbarte erhebliche technische Probleme. So konnten zum Start Mitte Januar nur wenige der angemeldeten Arztpraxen die ePA tatsächlich befüllen. Teilweise fehlten nötige Software-Updates in den Praxisverwaltungssystemen (PVS), weshalb rund ein Drittel der Pilotpraxen in Westfalen-Lippe anfangs überhaupt nicht mit der ePA arbeiten konnte. Viele Praxisteams hatten Schwierigkeiten, auf die Akten zuzugreifen – mal lag es an der Praxissoftware, mal an der Software der ePA-Anbieter, sodass beide Seiten nachbessern mussten. Ein konkretes Problem betraf die elektronische Medikationsliste (EML): Einige Praxen stellten fest, dass Verordnungsdaten aus E-Rezepten gar nicht oder unvollständig in die ePA-Medikationsübersicht übertragen wurden. Später identifizierte die gematik einen Zusammenhang mit älteren elektronischen Heilberufsausweisen: Wurden z.B. Heilberufsausweise von vor 2021 genutzt, kam es zu diesem Übertragungsfehler. Eine Lösung wurde gefunden und ein Software-Patch für Ende Februar angekündigt. Auch ein Kompatibilitätsproblem zwischen bestimmten TI-Konnektoren und Praxissoftware trat auf und verzögerte den Start einzelner Praxen, konnte aber durch Updates behoben werden. Insgesamt war die Nutzbarkeit der ePA in den ersten Wochen „völlig unzureichend sichergestellt“, wie die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bilanzieren. Noch Anfang März verfügte rund die Hälfte der Testpraxen bundesweit immer noch nicht über die erforderliche ePA-Software– die Bereitstellung durch manche PVS-Hersteller hinkte also deutlich hinterher. Diese technischen Startschwierigkeiten behinderten ein effektives Testen im Praxisalltag und führten zu Verzögerungen im Projektverlauf.
Parallel dazu gab es Sicherheitsbedenken. Der Chaos Computer Club (CCC) demonstrierte Ende Dezember 2024 auf dem 38. Chaos Communication Congress in Hamburg mehrere Schwachstellen der ePA. Den IT-Experten gelang es mit relativ geringem Aufwand, unerlaubt auf ePA-Daten zuzugreifen. Konkret zeigte der CCC, dass Angreifer mit gefälschten Zugangskarten – etwa manipulierten Praxis-Ausweisen oder Krankenversichertenkarten – an Patientendaten gelangen könnten. Die Schwachstellen resultierten u.a. aus einer unverschlüsselten Versichertennummer auf der Gesundheitskarte, Lücken im Ausgabeprozess der Heilberufsausweise und der Möglichkeit, gebrauchte TI-Konnektoren zu erwerben. Diese Befunde des CCC bezeichnete der Club selbst als “besorgniserregende Sicherheitsprobleme”, da perspektivisch die Akten von über 70 Millionen Versicherten betroffen sind. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wies die Bedenken zwar zurück und beteuerte, die Daten der Bürger seien „sicher vor Hackern“– das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) habe die Sicherheit bestätigt. Nichtsdestotrotz nahm die gematik die Warnungen ernst und kündigte umgehend zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen an. Hierzu gehören laut gematik unter anderem die nachträgliche Verschlüsselung bislang offen auslesbarer Kartendaten, strengere Zugangs- und Monitoring-Mechanismen sowie eine Sensibilisierung der Nutzer für den sicheren Umgang mit ihren Zugangsdaten. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wurde zur Voraussetzung für den bundesweiten Start erklärt. Insgesamt sorgten die technischen Pannen und die CCC-Entdeckung dafür, dass sowohl die Funktionsfähigkeit als auch die Datensicherheit der ePA in der Testphase zeitweise in Frage standen.
Angesichts der Schwierigkeiten haben Ärztevertreter und andere Akteure deutlich reagiert. Kassenärztliche Vereinigungen in NRW und den anderen Modellregionen zeigten sich alarmiert und forderten vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Verlängerung der Testphase. In einer gemeinsamen Erklärung vom 20. Februar 2025 appellierten die KVen Bayern, Hamburg, Nordrhein und Westfalen-Lippe an Gesundheitsminister Lauterbach, den Zeitplan zu strecken und mehr Zeit für Funktions- und Belastungstests zu geben. Man dürfe nicht „auf Basis vereinzelter Erfahrungen und nur fragmenthafter Testung“ überstürzt die ePA bundesweit starten, warnte etwa die stellv. KV-Chefin von Hamburg. Die KVen kritisierten, dass die letzten fünf Wochen ernüchternd verliefen und fast ausschließlich mit technischer Machbarkeit statt mit echtem Praxisnutzen verbracht wurden. Ein zu früher Zwangs-Rollout würde zu Frust in den Praxen führen und bei Patienten für Ärger sorgen – im schlimmsten Fall würden beide die ePA geschlossen ablehnen. Entsprechend deutlich fiel das Fazit von Dr. Volker Schrage, Vize-Vorstand der KV Westfalen-Lippe, aus: Die bisherigen Schwierigkeiten zeigten, dass man weitere Erfahrungswerte brauche; derzeit laufe das Testszenario noch nicht einmal zu 100%, da ein Drittel der Pilotpraxen mangels Software gar nicht mitmachen könne. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) äußerte sich kritisch: KBV-Chef Dr. Andreas Gassen erklärte Anfang März, der April-Termin sei unrealistisch, solange die Hälfte der Testpraxen noch keine ePA-Software habe. Zudem müssten erst die vom CCC aufgezeigten Sicherheitslücken geschlossen und anschließend vom Bundesdatenschutzbeauftragten abgenommen werden – „vorher kann und darf es keine verpflichtende Einführung geben“. Bereits im Februar hatte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner von einem schwierigen, von technischen Problemen überschatteten Start gesprochen und Zweifel an einem Rollout im April geäußert. Seitens der Ärzteschaft lautet der Tenor also: Die ePA kommt grundsätzlich zur rechten Zeit, aber nur eine fehlerfreie, praxistaugliche und sichere Lösung wird akzeptiert. Daher begrüßen Ärztevertreter zwar die Möglichkeiten der ePA für die Versorgung, pochen jedoch auf Nachbesserungen, bevor diese flächendeckend genutzt wird.
Auch andere Akteure beziehen Stellung. Die Bundesärztekammer (BÄK) unterstützte das gestufte Vorgehen: BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt betonte, dass Ärztinnen und Ärzte eine ePA erwarten, die sie in der Behandlung unterstützt – dies setze Sicherheit und intuitive Nutzbarkeit voraus; daher sei es gut, dass zunächst in Modellregionen getestet und nachjustiert werde. Von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen wurde der Start positiv begleitet – z.B. hob Dr. Jens Baas (Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse) das „enorme Potenzial“ der ePA hervor und appellierte an alle Beteiligten (Patienten und Ärzte), die neue Akte aktiv zu nutzen. Datenschützer verfolgen das Projekt ebenfalls aufmerksam: Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber äußerte zwar keine grundsätzlichen Einwände gegen das Opt-out-Verfahren, meldete aber „schwere Bedenken“ an, solange nicht höchste Sicherheitsstandards garantiert sind. Die gematik wiederum versuchte, die Wogen zu glätten, und bewertete den Start der Pilotphase trotz allem als „planmäßig“ und erfolgreich in dem Sinne, dass bereits 70 Millionen Akten angelegt wurden und erste Funktionen genutzt werden. Gleichzeitig räumte die gematik aber ein, dass wichtige Erkenntnisse aus der Testphase gewonnen und umgehend in Anpassungen umgesetzt würden (z.B. die erwähnten Sicherheitsupdates). Patientenschützer und Verbraucherverbände empfehlen derweil den Versicherten, die ePA-Chancen abzuwägen: Die Verbraucherzentrale erklärt z.B., die ePA bringe langfristig mehr Transparenz über Befunde, Diagnosen und Medikamente, weist aber auch auf das Widerspruchsrecht hin für diejenigen, die Datensicherheit erst abwarten wollen. Insgesamt herrscht bei allen Akteuren Einigkeit, dass die ePA nur dann ein Erfolg wird, wenn nach der Testphase eine wirklich funktionsfähige und sichere Version ausgerollt wird – dafür machen sich besonders die Ärztevertretungen in NRW und bundesweit stark.
Um die aufgetretenen Probleme zu beheben, wurden mehrere Maßnahmen ergriffen. Zunächst hat das Bundesgesundheitsministerium den Software-Anbietern mehr Zeit verschafft: Die ursprünglich zum 15. Januar 2025 geplante Pflicht für alle PVS- und Krankenhaussoftware-Hersteller, ePA-Module bereitzustellen, wurde kurzfristig um mindestens einen Monat verschoben. Dieser Aufschub sollte es den Herstellern ermöglichen, die nötigen Updates zu liefern, da sich zeigte, dass der ursprüngliche Zeitplan „zu ambitioniert“ war. In NRW liefen denn auch schon vor dem Start im Januar intensive Vorbereitungen, um trotz der knappen Zeit möglichst viele Praxen anzubinden. Als während der Pilotphase weitere technische Fehler deutlich wurden, koordinierte die gematik die Fehleranalysen mit den beteiligten Praxen, Softwarefirmen und Krankenkassen. So wurden etwa für die Medikationslisten-Problematik und den Konnektor-Bug gezielte Software-Patches entwickelt (Fix für den E-Rezept/EML-Fehler bis Ende Februar, sofortige Korrektur des Konnektor-Zertifikatfehlers). Zudem veröffentlichte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Informationsmaterial für Praxen, um den Umgang mit der ePA zu erleichtern. Beispielsweise gibt es Aushänge fürs Wartezimmer, die Patienten erklären, dass die ePA vorerst nur in Testpraxen funktioniert. Auch Hinweise auf das Widerspruchsrecht hat die KBV bereitgestellt, um Patienten transparent zu informieren. Diese Maßnahmen sollen unrealistische Erwartungen dämpfen und Nachfragen in Nicht-Testpraxen reduzieren.
Auf die CCC-Sicherheitsenthüllungen reagierte die gematik wie erwähnt mit einem Sicherheitspaket. Bereits Anfang Januar beschloss man, den Zugang der Apotheken in NRW zum ePA-Pilot vorläufig zu kappen, um die Zahl der teilnehmenden Stellen zu begrenzen und mögliche Angriffsflächen zu verringern. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe begrüßte diesen Schritt, da so die Zugriffe in der Pilotphase genau nachverfolgt werden könnten. Gleichzeitig erarbeitete die gematik zusammen mit dem BSI zusätzliche Schutzmaßnahmen: Verschlüsselung der Gesundheitskartennummer, strengere Prüfungen bei der Ausgabe von Praxis- und Heilberufsausweisen sowie verstärkte Überwachung der Zugriffe. Laut Bundesgesundheitsministerium wurden alle ePA-Daten bereits in hochsicheren Rechenzentren in Deutschland gespeichert und jeder Zugriff protokolliert– dennoch sollen die neuen Vorkehrungen das Restrisiko weiter minimieren. Die Wirksamkeit dieser Security-Updates wird vom BSI und ggf. dem Bundesdatenschutzbeauftragten überprüft, bevor grünes Licht für den Rollout gegeben wird.
Schließlich wurden organisatorische Anpassungen vorgenommen: Die KVen drängen darauf, den Startschuss für die ePA an Qualitätskriterien zu knüpfen statt an ein festes Datum. Sie erwarten vom BMG einen klar definierten Katalog von Anforderungen (in Abstimmung mit der Ärzteschaft), den die Systeme in der Testphase erfüllen müssen, bevor der Übergang in den Regelbetrieb erfolgt. Damit soll sichergestellt sein, dass wirklich alle Komponenten (PVS, Kliniksysteme, Aktensysteme) stabil laufen. Zudem fordern die Ärzteverbände eine intensive Schulung und Kommunikation: Praxisteams brauchen genug Zeit, sich einzuarbeiten, ohne dass der Arbeitsablauf leidet. In Westfalen-Lippe betont man, die ePA dürfe – nach einer Eingewöhnungsphase – keine zusätzliche Hürde in den Abläufen darstellen. Die Softwarehäuser wurden aufgefordert, die gewonnene Zeit bis zum Rollout effektiv zu nutzen, um ausgereifte Produkte zu liefern. Gleichzeitig wünschen sich Ärztevertreter vom BMG und den Kassen eine klare Aufklärung der Patienten, damit es bei Einführung nicht zu Missverständnissen kommt. Insgesamt zielen die ergriffenen Maßnahmen darauf ab, sowohl die Technik zu stabilisieren als auch das Vertrauen von Ärzten und Patienten zu gewinnen, bevor die ePA für alle verpflichtend wird.
Der Zeitplan für die ePA-Einführung hat sich durch die Ereignisse spürbar nach hinten verschoben. Ursprünglich sollte die „ePA für alle“ bereits Mitte Februar 2025 bundesweit starten. Dieses Datum war im Gesetz vorgesehen, nachdem die Pilotregionen etwa vier Wochen getestet hätten. Aufgrund der “schweren Sicherheitsbedenken”(CCC-Entdeckung) und der technischen Anlaufschwierigkeiten wurde der bundesweite Rollout zunächst auf April 2025 vertagt. Das BMG nannte den 1. April als frühestmöglichen Starttermin, vorbehaltlich erfolgreicher Tests bis Mitte März. Doch schon wenige Wochen nach Testbeginn zeichnete sich ab, dass auch dieser April-Termin wackelt. Mitte Februar war klar, dass die Pilotphase „noch nicht vollumfänglich“ läuft. Anfang März erklärte KBV-Chef Gassen öffentlich, der April-Plan sei „nicht zu halten“. Tatsächlich verfügten zu dem Zeitpunkt noch viele Testpraxen nicht über die Software, und die nötigen Sicherheitsnachbesserungen waren in Arbeit. Die KVen der Modellregionen zweifelten ebenfalls, ob in nur zwei Wochen alle wichtigen technischen Probleme behoben werden können. Sie warnten, ein Rollout zum 1. April „überhastet“ durchzudrücken, würde Qualität, Sicherheit und Akzeptanz der ePA gefährden.
Als neuer Zeitrahmen gilt nun: Erst wenn die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt und erfolgreich geprüft sind (Prüfung für Mitte März angesetzt), soll ein bundesweiter Starttermin festgelegt werden. Laut BMG bleibt es beim Ziel, die ePA „in den nächsten Monaten“ für alle verfügbar zu machen – möglichst noch in dieser Legislaturperiode. Einen konkreten Tag nannte Minister Lauterbach zunächst nicht. Praktisch bedeutet dies, dass der Rollout frühestens im zweiten Quartal 2025 stattfinden könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Einführung bis Mai oder Juni 2025 verzögert, sollten weitere Tests erforderlich sein. Die Ärztevertreter fordern, lieber ein paar Monate länger zu warten, statt einen unausgereiften Dienst zu erzwingen. Wichtig sei ein nahtloser Übergang nach Abschluss der Modellphase: Außerhalb der Testregionen sollen Praxen und Kliniken erst angebunden werden, wenn das System stabil läuft – nach BMG-Plänen nicht vor dem 15. Februar 2025, was nun überschritten ist. Der genaue bundesweite Starttermin steht somit noch aus. Klar ist aber: die Einführung der ePA verzögert sich gegenüber dem ursprünglichen Plan um mindestens einige Wochen. Weitere Verzögerungen sind möglich, falls Testkriterien nicht erfüllt werden oder neue Probleme auftreten. Insgesamt hat der Zeitplan einen Puffer erhalten, um Qualität vor Schnelligkeit zu stellen. Sollte die Testphase in NRW und den anderen Regionen in den kommenden Wochen zufriedenstellend abgeschlossen werden, könnte im Laufe des Frühjahrs 2025 der schrittweise Rollout beginnen – anderenfalls dürfte das BMG den Termin weiter nach hinten schieben, bis die ePA wirklich startklar ist.
Trotz aller Startprobleme sind sich die meisten Experten einig, dass die Zukunft der ePA langfristig positiv sein kann – sofern aus der Testphase die richtigen Lehren gezogen werden. Die elektronische Patientenakte gilt als ein zentraler Baustein für eine vernetzte und effizientere Gesundheitsversorgung. Gesundheitsminister Lauterbach spricht vom Beginn eines „neuen Zeitalters der Digitalisierung“ und erwartet, dass die ePA die Medizin verändern wird – etwa indem Medikationspläne vollständig sichtbar sind und gefährliche Arzneimittelwechselwirkungen vermieden werden. Ärzte und Krankenhäuser sehen ebenfalls großes Potenzial: Eine gut funktionierende ePA kann Doppeluntersuchungen vermeiden, den Informationsfluss verbessern und Patienten mehr Einblick in die eigene Behandlung geben. Allerdings betonen Experten, dass hierfür die praktische Handhabung stimmen muss. Dr. Klaus Reinhardt (BÄK) etwa sagt, die ePA biete nur dann echten Mehrwert, „wenn Sicherheit der Daten sowie die Funktionalität im Praxisalltag und intuitive Nutzbarkeit“ gewährleistet sind. Genau an diesen Stellschrauben wird nun gedreht. Die Testphase hat gezeigt, wo Anpassungen nötig sind: Zum einen in der Technik – Softwarefehler werden behoben, Leistungsfähigkeit und Schnittstellen verbessert. Zum anderen in der Bedienbarkeit – die ePA-Integration in die Praxissoftware muss so gestaltet sein, dass Ärzte sie ohne Mehraufwand in ihre Abläufe einbinden können. „Keine zusätzlichen Hürden für die Arbeitsabläufe“ lautet die Forderung aus Westfalen-Lippe. Dieses Feedback aus den Modellpraxen soll direkt in weitere Optimierungen einfließen. Die KVen sehen die Pilotregion NRW gerade deshalb als wertvolles Testfeld, um “ungefiltert zusätzliche Anforderungen” für nötige Anpassungen zu ermitteln.
Beobachter rechnen damit, dass die Opt-out-ePA schrittweise an Akzeptanz gewinnen kann, wenn Vertrauen aufgebaut wird. Aktuell haben zwar fast alle gesetzlich Versicherten automatisch eine Akte erhalten, doch die Nutzung ist noch sehr gering – Anfang März waren nur wenige Patienten selbst aktiv in ihre ePA eingeloggt. Experte Ulrich Kelber meint, man müsse die ePA-Daten noch besser strukturieren und das Angebot stark bewerben, damit die Versicherten es auch annehmen (Opt-out allein garantiert noch keine Nutzung). Hier könnte in Zukunft nachgebessert werden, etwa durch erleichterte Zugangsverfahren (derzeit ist eine PIN oder eID notwendig)oder durch zusätzliche Services. Geplant ist z.B. ein Messaging-Dienst in der ePA, um eine sichere Kommunikation zwischen Praxen und Patienten zu ermöglichen. Solche Funktionen könnten den Nutzen steigern. Auch wird diskutiert, bestimmte Daten wie Impfungen oder Notfalldaten automatisiert einzuspielen, damit die Akte von Anfang an befüllt ist und nicht leer startet. Perspektivisch soll die ePA zudem für die Forschung nutzbar sein – natürlich anonymisiert und nur mit Einwilligung, aber hier sehen Experten ein großes Potential für das Gesundheitswesen.
Insgesamt fällt die Experteneinschätzung vorsichtig optimistisch aus: Die ePA kommt, allerdings etwas später und wohl mit einigen Modifikationen. Entscheidend ist nun, die Pilotphase in NRW (und den anderen Modellregionen) konsequent zu nutzen, um alle Kinderkrankheiten zu kurieren. „Eines ist klar: es braucht mehr Zeit“, resümierte KVNO-Chef Dr. Frank Bergmann und dankte den engagierten Testpraxen für ihr Feedback. Dieses Feedback wird aktuell in Verbesserungen umgesetzt. Gelingt es, die ePA praxisreif und sicher zu machen, dürfte dem bundesweiten Rollout nichts mehr im Wege stehen – und die elektronische Patientenakte könnte doch noch den erhofften Durchbruch für die Digitalisierung im Gesundheitswesen bringen. Die kommenden Wochen sind hierfür entscheidend: Experten fordern ein sorgfältiges Vorgehen „komme was wolle“, während die Politik unter Druck steht, das Prestigeprojekt ePA zum Erfolg zu führen. In Münster und NRW wird man die Entwicklung besonders aufmerksam verfolgen, da hier die Weichen gestellt wurden. Letztlich gilt: Die Idee einer flächendeckenden ePA stößt überwiegend auf Zustimmung – wenn sie nach den jetzigen Anpassungen wirklich funktioniert und das Vertrauen von Ärzten und Patienten gewonnen hat. Die Testphase hat genau diese Punkte schonungslos offengelegt und damit die Chance eröffnet, die ePA zukunftsfähig zu machen, bevor sie alle erreicht.