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Millionärsmord in Wuppertal: Mordmotiv Habgier?

JVA Ronsdorf Luftbild, Mord in Wuppertal
Foto: Luftbild JVA Ronsdorf via Wikimedia Commons

Wuppertal. Ein grausamer Doppelmord erschütterte im März 2017 den ruhigen Stadtteil Ronsdorf. Das wohlhabende Unternehmer-Ehepaar Enno (91) und Christa S. (88) wurde in seiner Villa tot aufgefunden. Enno S. war mit einem schweren Gegenstand auf brutale Art und Weise erschlagen worden, seine drei Jahre jüngere Frau Christa traf ein nicht minder grausames Schicksal – sie wurde erwürgt. Die beiden Millionäre aus der Maschinenbaubranche führten ein sehr zurückgezogenes Leben, waren in der Öffentlichkeit nur selten anzutreffen. In der Wuppertaler Kunstszene waren sie jedoch bekannt, da sie jährlich einen eigenen Preis stifteten.

Raubmord zunächst vermutet

Zunächst deutete am Tatort alles auf einen Raubmord hin. Die vorgefundene Situation ließ die Ermittler dies annehmen. In der großzügigen Villa lagen jedoch an verschiedenen Stellen verteilt Wertgegenstände wie Schmuckstücke, Uhren und Bargeld verstreut, die nicht fehlen. Ein Raubmotiv schlossen die Ermittler aufgrund dieser Beweislage schnell aus. Der Bezirksbürgermeister von Ronsdorf, Harald Scheuermann-Giskes, zeigte sich entsetzt über die Bluttat: „Es war schon recht schockierend. Gerade für die Anwohner hier, die in unmittelbarer Nähe wohnen, war das alles andere als einfach zu verkraften.“

Akribische Spurensuche auf dem Millionärs-Anwesen

Eine knapp 20-köpfige Sonderkommission machte sich daran, auf dem weitläufigen Anwesen der Millionärsfamilie akribisch nach Spuren zu suchen. Über drei Monate hinweg sicherten die Ermittler in mühevoller Arbeit jeden noch so kleinen Beweis. „Es musste im wahrsten Sinne des Wortes jeder einzelne Stein umgedreht werden“, erklärte die Staatsanwaltschaft später. Der Ermittlungserfolg war dann umso überraschender: Der 25-jährige Enkel des Ehepaars, der Maschinenbau-Student Benjamin S., geriet ins Visier der Fahnder als mutmaßlicher Täter.

Habgier als Mordmotiv

„Wir gehen mit dringenden Gründen davon aus, dass das Tatmotiv Habgier war“, erklärte die Staatsanwaltschaft die Motivlage. Laut den Ermittlungen soll Benjamin S. befürchtet haben, von dem enormen Erbe seiner Großeltern ausgeschlossen zu werden. Gemeinsam mit einem 44-jährigen Bekannten, der durch Geschäftsbeziehungen zu Benjamin ein großes finanzielles Interesse an dessen Erbe hatte, soll er die beiden Morde geplant haben. Die Staatsanwälte sahen hier einen klaren Fall von Habgier als Mordmotiv.

Die Beschuldigten schweigen

Im März 2018 begann am Landgericht Wuppertal unter großem Medienandrang der Prozess gegen die beiden Angeklagten. In einer ungewöhnlichen Wendung trat der Sohn der Ermordeten und Vater des mutmaßlichen Täters Benjamin als Nebenkläger auf. Er erhoffe sich durch diese Nebenklage, erklärte sein Anwalt, Genaueres über die Geschehnisse am Tattag in der Villa seiner Eltern zu erfahren. Die Beweislage gegen Benjamin S. und seinen Bekannten war rein indizienhaft, belastete den Enkel aber durch Faserspuren und DNA-Beweise schwer. Die beiden Angeklagten schwiegen neun Monate lang beharrlich zu den Vorwürfen.

Der Erbstreit als Motiv?

In dem Prozess traten immer mehr Details über die Dynamik innerhalb der reichen Unternehmerfamilie zu Tage. So wurde deutlich, dass Benjamin S. ein aufwendiges Leben auf Kosten seiner Großeltern geführt hatte, ohne sich um sein Studium zu kümmern. Am Tattag, dem 19. März 2017, sollte der strenge Großvater ihn zu einem Gespräch bitten und zur Rede stellen. Möglicherweise war dies der Auslöser für eine Affekttat des Enkels? Unklar blieb bis zuletzt, wer von den Großeltern zuerst getötet wurde. Diese Frage war von entscheidender Bedeutung für die spätere Erbfolgeregelung, da unterschiedliche Testamente des Millionärspaares existierten.

Lebenslang für den Enkel

Nach vier Monaten und der Anhörung von 52 Zeugen sowie drei Sachverständigen fällten die Richter im November 2018 ihr Urteil: Lebenslange Haft für Benjamin S. wegen Totschlags an seinem Großvater in einem Affekt sowie Mordes zur Verdeckung dieser Straftat an seiner Großmutter. Die Kammer stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Eine Sensation war der Freispruch für den 44-jährigen mutmaßlichen Mittäter aus Mangel an Beweisen für dessen Beteiligung.

Freispruch des Komplizen eine Sensation

Obwohl der Freigesprochene nachweislich am Tatort gewesen sein musste und dort Spuren hinterlassen hatte, die laut einem Gutachter eigentlich „klare Spuren“ gewesen seien, reichten diese nicht für eine Verurteilung aus. Revisionsverfahren, die die Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch und die Verteidigung gegen das Urteil gegen Benjamin S. anstrengten, änderten nichts mehr an dem Richterspruch. Benjamin S. selbst beteuert bis heute seine Unschuld, brachte aber nie Beschuldigungen gegen andere Personen vor.

Schreckliche Tragödie aus Habgier?

Wurde das schwerreiche Unternehmerpaar Enno und Christa S. tatsächlich Opfer der Habgier ihres einst so verwöhnten Enkels Benjamin? Viele Fragen bleiben in diesem schockierenden Kriminalfall aus dem Millionärshaushalt offen. Eine traurige Tragödie für die einstmals so wohlhabende und mächtige Unternehmerfamilie, deren ruhmreiches Erbe ein so jähes und grausames Ende fand.