Der Fall Mirco zählt zu den erschütterndsten Verbrechen in der jüngeren deutschen Geschichte. Als der zehnjährige Junge aus Grefrath in Nordrhein-Westfalen im September 2010 spurlos verschwindet, beginnt für seine Familie ein Albtraum. Die verzweifelte Suche nach ihm bewegt ganz Deutschland. Was zunächst wie ein gewöhnlicher Vermisstenfall aussieht, entwickelt sich bald zu einem grausamen Verbrechen, das die Ermittler an ihre Grenzen bringt und die Öffentlichkeit fassungslos zurücklässt.
Am 3. September 2010 verschwindet der zehnjährige Mirco Schlitter spurlos auf dem Heimweg von einem Skatepark in der kleinen Gemeinde Grefrath in Nordrhein-Westfalen. Mirco, ein fröhlicher, lebenslustiger Junge, hatte mit Freunden Zeit auf der Skateranlage verbracht, doch er kam nicht, wie verabredet, nach Hause zurück. Seine Eltern, Sandra und Reinhard, machten sich zunächst keine großen Sorgen. Es war nicht untypisch für ihren Sohn, die Zeit zu vergessen, besonders, wenn er mit seinen Freunden spielte. Doch als die Stunden vergingen und keine Nachricht von ihm kam, wuchs die Unruhe.
Wenig später findet ein Passant Mircos Fahrrad verlassen am Rande eines Feldwegs – ohne jede Spur von dem Jungen. Für die Eltern beginnt ein Albtraum, während die Polizei mit der intensiven Suche nach dem vermissten Kind beginnt. Was zunächst wie eine gewöhnliche Verzögerung wirkte, sollte sich als der Beginn einer schrecklichen Tragödie herausstellen.
Die Ermittlungen werden schnell intensiviert, und eine Sonderkommission wird ins Leben gerufen. Die Polizei weiß, dass die ersten Stunden entscheidend sind, um das Leben des Kindes zu retten. Über 300 Beamte werden mobilisiert, um die Umgebung zu durchsuchen. Rettungshunde, Hubschrauber und freiwillige Helfer sind im Einsatz, doch trotz aller Bemühungen gibt es keine Spur von Mirco. Der Fall bewegt die ganze Region, und die Sorge um das Schicksal des Jungen wächst mit jeder Stunde.
Während die Polizei weiter nach Hinweisen sucht, stößt sie auf eine schockierende Entdeckung: In den folgenden Tagen werden verstreut im Umland von Grefrath Kleidungsstücke von Mirco gefunden – blutverschmiert und zerrissen. Zunächst wird seine schwarze Trainingshose entdeckt, später seine Socken und sein T-Shirt. Diese Funde machen schnell klar, dass es sich nicht mehr um einen gewöhnlichen Vermisstenfall handelt. Die Polizei geht jetzt von einem Gewaltverbrechen aus.
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Hauptkommissar Ingo Thiel, der die Sonderkommission „Mirco“ leitet, weiß, dass sie gegen die Zeit arbeiten. Jeder Hinweis könnte entscheidend sein, um den Jungen lebend zu finden oder zumindest das Schicksal von Mirco aufzuklären. Als entscheidender Hinweis entpuppt sich die Aussage zweier Zeugen, die am Abend des Verschwindens ein Auto, einen VW Passat, in der Nähe des Fundorts von Mircos Fahrrad gesehen haben. Dieses Fahrzeug rückt nun in den Mittelpunkt der Ermittlungen.
Die Polizei wendet sich an den Autohersteller Volkswagen, um Informationen über das gesuchte Modell zu erhalten. VW unterstützt die Ermittler, indem sie Daten zu Tausenden von Fahrzeugen dieser Baureihe zur Verfügung stellt. Die Fahndung nach dem VW Passat wird zu einer gewaltigen logistischen Herausforderung. Es gilt, die Fahrzeugbesitzer zu identifizieren, ihre Bewegungen nachzuvollziehen und mögliche Spuren zu sichern. In mühevoller Kleinarbeit filtert die Polizei jene Fahrzeuge heraus, die zum Tatzeitpunkt in der Region unterwegs waren.
Während die Polizei weiterhin auf Hochtouren arbeitet, wächst die Verzweiflung der Eltern. Um die Suche nach ihrem Sohn zu intensivieren, treten Sandra und Reinhard Schlitter in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ auf und richten einen emotionalen Appell an die Öffentlichkeit. Sie bitten darum, dass sich Zeugen melden, und flehen den Entführer an, ihnen ihr Kind zurückzugeben oder ihnen zumindest zu sagen, wo sich Mirco befindet.
Die Resonanz auf diesen öffentlichen Aufruf ist überwältigend. Die Polizei erhält hunderte von Hinweisen, doch leider führt keiner dieser Hinweise zur direkten Aufklärung des Falls. Die Ermittler stehen weiterhin vor einem Rätsel, und die Hoffnung, Mirco lebend zu finden, schwindet mit jedem Tag.
Erst Ende Oktober 2010, fast zwei Monate nach Mircos Verschwinden, kommt endlich der Durchbruch. Eine detaillierte Auswertung der Mobilfunkdaten aus der Region führt zu einem entscheidenden Hinweis: Ein Handy, das zur Tatzeit in der Nähe der Fundorte von Mircos Kleidungsstücken geortet wurde, gehört einem Mann namens Gert Hansen. Hansen, ein 45-jähriger Außendienstmitarbeiter, fährt genau den VW Passat, den die Zeugen am Abend des Verschwindens gesehen haben. Damit gerät er ins Visier der Ermittler.
Die Polizei setzt alles daran, den Wagen von Hansen zu untersuchen. Dabei finden sie im Innenraum des Fahrzeugs Faserspuren, die eindeutig mit den Kleidungsstücken von Mirco übereinstimmen. Diese forensischen Beweise bestätigen den Verdacht: Gert Hansen ist der Täter.
Am 15. November 2010, in den frühen Morgenstunden, wird Gert Hansen von der Polizei festgenommen. Die Ermittler konfrontieren ihn mit den Beweisen, doch zunächst streitet er alles ab. Erst nach langen Verhören bricht Hansen schließlich zusammen und gesteht. In seiner Aussage beschreibt er, wie er Mirco auf dem Heimweg entführte, ihn in sein Auto zwang und schließlich tötete.
Hansen behauptet, er habe den Jungen nicht töten wollen. Angeblich sei alles aus dem Ruder gelaufen, als Mirco sich wehrte und anfing zu schreien. In Panik habe er dann beschlossen, das Kind zu töten, um nicht entdeckt zu werden. Für die Ermittler bleibt jedoch klar, dass Hansen mit voller Absicht gehandelt hat. Sein Geständnis bringt das schreckliche Ausmaß des Verbrechens ans Licht.
Im September 2011 beginnt der Prozess gegen Gert Hansen vor dem Landgericht Krefeld. Die Anklage wirft ihm vor, Mirco entführt, missbraucht und ermordet zu haben. Hansen wird von seinen Verteidigern als psychisch instabil dargestellt, doch das Gericht stuft ihn als voll schuldfähig ein. In seinem Urteil verurteilt das Gericht Hansen zu lebenslanger Haft und stellt die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Entlassung ausschließt.
Der Fall Mirco hat nicht nur die Familie Schlitter, sondern ganz Deutschland tief erschüttert. Er ist ein tragischer Beweis für die Grausamkeit, zu der Menschen fähig sind, und zeigt gleichzeitig die unermüdliche Arbeit der Polizei, die alles daran setzte, Gerechtigkeit zu schaffen. Für Mircos Familie bleibt die traurige Gewissheit, dass ihr Sohn nie zurückkehren wird, doch sie können sich zumindest mit dem Wissen trösten, dass der Mann, der ihnen ihr Kind genommen hat, zur Rechenschaft gezogen wurde.