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Verspätet, gestrichen, frustriert: Wie schlecht steht es um die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr?

ie Bahnstrecke Münster-Dortmund wird vom 2. bis 14. Dezember für umfangreiche Bauarbeiten gesperrt. Fern- und Regionalverkehr sind von Umleitungen betroffen.
Foto: Erich Westendarp auf Pixabay

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Die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr steht 2024 auf dem Prüfstand. Millionen Menschen sind täglich auf Regionalbahnen und S-Bahnen angewiesen – doch viele müssen sich auf Verspätungen, Zugausfälle und Fahrplanänderungen einstellen. Aktuelle Zahlen des Kompetenzcenters Integraler Taktfahrplan (KC ITF) und eine umfassende Datenauswertung des WDR zeigen: Der Regionalverkehr in Nordrhein-Westfalen ist so unzuverlässig wie selten zuvor. Die Ursachen dafür sind vielfältig, aber die Richtung ist klar: Ohne grundlegende Veränderungen wird sich die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr nicht verbessern.

Pünktlichkeit im Stresstest: Fast jeder vierte Zug verspätet

Laut KC ITF kam im Jahr 2024 fast jeder vierte Regionalzug in Nordrhein-Westfalen zu spät an. Bei den Regionalexpress-Linien, die oft über große Knotenpunkte wie Köln, Düsseldorf oder Essen fahren, war es sogar fast jeder dritte. Besonders kritisch ist: Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 2009. Die Entwicklung zeigt eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. 2023 lag der Anteil verspäteter Züge bei rund 22 Prozent – 2024 stieg dieser Wert auf knapp 24 Prozent an.

Noch gravierender ist die Situation bei kurzfristigen Ausfällen. Rund sieben Prozent aller Züge fielen 2024 ohne vorherige Ankündigung aus. Die Gründe dafür sind vor allem krankheitsbedingte Personalausfälle und ein Mangel an Lokführerinnen und Lokführern. In vielen Fällen konnten die Verkehrsunternehmen keine Ersatzkräfte bereitstellen, sodass Züge kurzfristig gestrichen werden mussten. Die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr ist damit für viele Fahrgäste zur täglichen Herausforderung geworden.

Problematische Linien: Diese Verbindungen fielen besonders negativ auf

Nicht alle Linien waren gleichermaßen betroffen. Besonders häufig verspätet war die Linie RE 7, die von Krefeld über Köln und Münster bis nach Rheine verkehrt. Laut den Daten des WDR kam dieser Zug 2024 häufiger zu spät als pünktlich – eine massive Belastung für Pendler auf dieser vielgenutzten Strecke. Auch die Linien RE 5 und RE 2 mussten durch lange Fahrwege und stark befahrene Abschnitte mit hoher Verspätungsquote kämpfen.

Neben den Verspätungen ist die Zahl der Ausfälle ein zentrales Problem. Die Linie RE 11 etwa, die früher Düsseldorf mit Kassel verband, fährt derzeit nur noch auf dem Teilstück zwischen Hamm und Kassel. Auch die RB 66 wurde stark ausgedünnt und fährt nur noch im Zwei-Stunden-Takt. Die RB 67 verkehrt lediglich zwischen Münster und Rheda-Wiedenbrück. Besonders dramatisch ist die Situation auf der RB 31 von Duisburg nach Xanten: Jeder 13. Zug fiel aus, und fast die Hälfte der übrigen Fahrten war verspätet.

Positive Ausnahmen: Wo der NRW-Regionalverkehr noch funktioniert

Trotz der schwierigen Lage gibt es auch Strecken, auf denen die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr vergleichsweise hoch ist. Die RB 64 von Münster nach Enschede gehört laut WDR-Analyse zu den besten Linien in Nordrhein-Westfalen. Auch in ländlicheren Regionen wie dem Sauerland, dem Siegerland oder der Eifel konnten einige Regionalbahnen und S-Bahnen durch eine stabile Betriebsqualität überzeugen.

Ein besonderes Beispiel für hohe Pünktlichkeit ist die S-Bahn-Linie S 4 zwischen Dortmund und Unna. Dort waren 2024 nur 1,6 Prozent aller Fahrten verspätet. Diese Linie profitiert von kurzen Fahrwegen, wenigen Knotenpunkten und einer besseren Planbarkeit – ein Vorteil gegenüber überlasteten Expressverbindungen.

Ursachen für die niedrige Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr

Die Gründe für die schwache Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr sind vielfältig. Ein zentrales Problem ist die veraltete und überlastete Infrastruktur. Viele Streckenabschnitte sind technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Stellwerksausfälle, Signalstörungen und sogenannte Langsamfahrstellen sorgen regelmäßig für Verspätungen. Hinzu kommen zahlreiche Baustellen, die den Betrieb zusätzlich belasten.

Auch überlastete Schienenwege spielen eine große Rolle. Zehn Prozent aller Zugkilometer in Nordrhein-Westfalen werden auf stark befahrenen Abschnitten zurückgelegt. Das führt dazu, dass kleine Störungen oft große Auswirkungen auf den Fahrplan haben. Besonders betroffen sind Linien mit hohem Fernverkehrsanteil oder Güterverkehr, wie etwa zwischen Köln und Düsseldorf.

Ein weiterer Faktor ist der akute Lokführermangel. Bereits jetzt fehlen in NRW rund 500 Lokführerinnen und Lokführer. In den nächsten Jahren gehen viele weitere in Rente. Die Bahnunternehmen haben Schwierigkeiten, neue Fachkräfte zu gewinnen und auszubilden. Die Folge: Immer mehr Züge fallen kurzfristig aus, weil kein Personal zur Verfügung steht.

Maßnahmen zur Verbesserung: Was Politik und Betreiber jetzt tun

Um die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr wieder zu verbessern, wurden mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ein zentraler Baustein ist das Landesprogramm „Fokus Bahn NRW“. Ziel ist es, die Zahl der Lokführerinnen und Lokführer deutlich zu erhöhen. Für 2025 sind über 700 Ausbildungsplätze geplant – das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren.

Zudem wurden zahlreiche Fahrpläne angepasst. Auf besonders problematischen Strecken wurden Takte reduziert oder Linien vorübergehend ganz gestrichen. Das soll verhindern, dass unzuverlässige Verbindungen den gesamten Betrieb stören. In Zukunft soll der Fahrplan wieder ausgeweitet werden – allerdings erst, wenn ausreichend Personal vorhanden ist.

Auch die Infrastruktur soll modernisiert werden. Großprojekte wie die Sanierung der Betuwe-Linie zwischen Oberhausen und Emmerich oder der Ausbau der Strecke Köln–Hagen sind bereits in Planung. Allerdings werden diese Maßnahmen erst mittelfristig Wirkung zeigen. Kurzfristig müssen Fahrgäste mit weiteren Einschränkungen rechnen.

2024 war ein Tiefpunkt – aber es gibt Hoffnung

Die Zuverlässigkeit im NRW-Regionalverkehr hat 2024 einen historischen Tiefstand erreicht. Verspätungen, Zugausfälle und technische Probleme bestimmen vielerorts den Alltag. Besonders betroffen sind lange Regionalexpress-Verbindungen, die durch stark belastete Knotenpunkte führen. Gleichzeitig zeigen positive Beispiele wie die RB 64 oder die S 4, dass zuverlässiger Bahnverkehr in NRW möglich ist – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

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