Brustkrebs-Studie in Münster zeigt: Weniger Therapie kann genug sein

Am UKM | Clemenshospital zeigt eine neue Studie: Gen-Tests können helfen, Chemotherapie und Antihormontherapie zu verkürzen.
Foto (UKM/Wibberg): Cornelia Terjung mit Dr. Joke Tio und Dr. Carl Opitz (v.l.n.r.): Dank der Teilnahme an der Studie kann sie auf eine Chemotherapie verzichten und die belastende Antihormontherapie deutlich verkürzen.

Teilen:

Münster. Für Cornelia Terjung aus Lüdinghausen kam die Diagnose Brustkrebs völlig überraschend. „Ich habe nichts gespürt, keine Schmerzen, keinen Knoten“, erinnert sich die 56-jährige Erzieherin. Erst eine Routine-Mammografie brachte die Veränderung ans Licht, die anschließende Gewebeprobe bestätigte den Verdacht. Terjung entschied sich für eine Behandlung im zertifizierten Brustkrebszentrum UKM | Clemenshospital in Münster – eine Kooperation zwischen dem Universitätsklinikum Münster (UKM) und dem Alexianer Clemenshospital.

Nach eingehender Untersuchung stand fest: Der Tumor war klein und hormonsensitiv. Die Ärztinnen und Ärzte konnten brusterhaltend operieren, auf eine Entnahme der Lymphknoten in der Achsel verzichten und die Schmerzen durch eine intraoperative Nervenblockade deutlich verringern. Bereits nach einer Nacht durfte Cornelia Terjung das Krankenhaus wieder verlassen.

Gen-Test entscheidet über Chemotherapie und Therapiedauer

Nach der Operation erhielt Terjung eine mehrwöchige Strahlentherapie. Ihr behandelnder Arzt Dr. Carl Opitz, Leitender Oberarzt der Sektion Senologie am UKM und Chefarzt der Klinik für Senologie am Clemenshospital, machte sie auf die „PROOFS“-Studie aufmerksam. In dieser universitären Untersuchung wird mithilfe einer molekulargenetischen Analyse des Tumorgewebes geprüft, wie hoch das Rückfallrisiko für jede Patientin tatsächlich ist.

Das lesen andere gerade

Das Ergebnis war eindeutig: Das Risiko einer erneuten Erkrankung ist bei Terjung äußerst gering. Dank des Tests konnte vollständig auf eine Chemotherapie verzichtet werden – und auch die sonst fünfjährige Antihormontherapie wird auf nur zwei Jahre verkürzt. „Nicht nur eine Chemotherapie kann Nebenwirkungen haben“, betont Opitz. „Auch die Antihormontherapie belastet viele Patientinnen durch Gelenkschmerzen, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen. Deshalb prüfen wir, bei wem eine Verkürzung medizinisch vertretbar ist.“

Individualisierte Behandlung statt pauschaler Therapie

Für Dr. Joke Tio, Netzwerkkoordinatorin des Brustkrebszentrums, steht dabei die Lebensqualität im Mittelpunkt: „Manchmal reicht auch weniger. Entscheidend ist, für jede Patientin die individuell beste Therapie zu wählen – mit dem Ziel, die Erkrankung wirksam zu behandeln und gleichzeitig das Leben so wenig wie möglich zu belasten.“

Die Münsteraner Studie ist Teil einer größeren Forschungsreihe unter Leitung der Westdeutschen Studiengruppe (WSG). Ziel ist es, zu belegen, dass Patientinnen mit einem niedrigen genomischen Risiko auf eine Chemotherapie verzichten und die Dauer der Antihormontherapie reduzieren können, ohne das Rückfallrisiko zu erhöhen. Über 100 Kliniken in Deutschland beteiligen sich an diesem Forschungsnetzwerk – darunter auch weitere Brustzentren im Münsterland.

Cornelia Terjung blickt nach vorn

Für Cornelia Terjung war die Teilnahme an der Studie ein Glücksfall. Sie hat die Behandlung gut überstanden und startet nun ihre Anschlussheilbehandlung. „Ich möchte bald wieder in meine Kita zurückkehren. Für mich war das alles eine Episode im Leben, die ich hinter mir lassen will. Jetzt möchte ich möglichst schnell zurück zur Normalität“, sagt sie.

Der Fall zeigt exemplarisch, wie die personalisierte Medizin Patientinnen helfen kann, Übertherapie zu vermeiden und Lebensqualität zu bewahren. Münster entwickelt sich damit einmal mehr zu einem wichtigen Standort für moderne Brustkrebsforschung – mit unmittelbarem Nutzen für Betroffene aus der Region.

Teilen:

Münster Map
Zum Aktivieren tippen
Route anzeigen

Mehr Beiträge: