
Münster. Nach dem historisch schwächsten Wahlergebnis seit Ende des Zweiten Weltkriegs steht die SPD in Münster vor einem personellen Umbruch. Parteichef Fabian Schulz kündigte an, beim Unterbezirksparteitag im November nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren.
Bei der Ratswahl am vergangenen Sonntag erreichten die Sozialdemokraten lediglich 14,1 Prozent der Stimmen. Das ist der niedrigste Wert seit 1946. Die SPD-Fraktion umfasst damit nur noch neun von 66 Sitzen. Zum Vergleich: Die Grünen erzielten 31,64 Prozent und stellen 21 Ratsmitglieder, die CDU kam auf 31,32 Prozent und 20 Sitze. Die Linke (8,43 %) entsendet sechs Mitglieder in den neuen Rat, kleinere Parteien wie Volt, AfD oder FDP sind ebenfalls vertreten.
Die Wahlbeteiligung lag bei 64,8 Prozent – etwas höher als 2020.
Der 44-jährige Politikwissenschaftler führt die SPD Münster seit 2021, zunächst in einer Doppelspitze mit Lena-Rosa Beste, später allein. Nun will er Platz für neue Kräfte machen. Hauptgrund ist seine berufliche Tätigkeit: Seit dem 1. November 2024 ist Schulz Generalsekretär der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Düsseldorf. Dort leitet er die Geschäftsstelle, unterstützt das Präsidium und betreut Projekte an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kultur.
Mit regelmäßiger Präsenz in der Landeshauptstadt sowie seiner Verantwortung als Vater zweier Kinder sei der Parteivorsitz nicht länger vereinbar.
Der Rückzug fällt in eine Phase, in der die SPD massiv an Rückhalt verloren hat. Während die Partei in den 1970er- und 1980er-Jahren in Münster regelmäßig über 30 Prozent erreichte und noch 2014 mehr als ein Viertel der Stimmen holte, hat sie inzwischen den Anschluss verloren. Mit nur noch neun Sitzen ist die Fraktion weniger als halb so groß wie CDU und Grüne.
Für die SPD bedeutet dies eine doppelte Aufgabe: Zum einen muss die Partei in Münster wieder stärker als Gestaltungsfaktor auftreten, zum anderen auch im ländlich geprägten Münsterland an Profil gewinnen. Politische Themen, die dabei eine zentrale Rolle spielen dürften, sind:
bezahlbarer Wohnraum,
Verkehrs- und Klimapolitik,
soziale Sicherheit und Gerechtigkeit.
Beobachter erwarten, dass die künftige Führung stärker auf diese Schwerpunkte setzen muss, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Wer den Vorsitz übernehmen wird, ist derzeit offen. Klar ist: Der Unterbezirksparteitag im November wird über die personelle Zukunft der SPD Münster entscheiden. Mit einer neuen Führung könnte die Partei versuchen, sich strategisch zu erneuern – und sich im neu zusammengesetzten Rat, in dem die Grünen erstmals stärkste Kraft sind, wieder deutlicher einzubringen.
Parallel blickt Münster auf die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt am 28. September: Dort treten Tilman Fuchs (Grüne) und Georg Lunemann (CDU) gegeneinander an.