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Rat der Stadt Münster unter Druck: Streit um ökologische Pachtbedingungen für städtische Flächen

Münster diskutiert die ökologische Pacht von städtischen Flächen. Kontrovers: 20%-Brache und Pestizidverbot – Fortschritt für die Biodiversität oder wirtschaftliche Belastung?
Benjamin Davies

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Im Juni 2024 hat sich der Rat der Stadt Münster erneut mit der Bewirtschaftung der städtischen landwirtschaftlichen Flächen befasst. Auf Druck des Agrarwendebündnisses des KlimaEntscheids Münster und im Zuge eines politischen Antrags zur Förderung des Artenschutzes steht die Stadt vor der Herausforderung, ihre Pachtbedingungen zu reformieren. Die Forderungen des Bündnisses und die teils kontroversen Reaktionen werfen grundlegende Fragen zur zukünftigen Ausrichtung auf.

Traditionelle Pachtpolitik in Münster: Kritik an fehlenden Naturschutzauflagen

Münster verfügt über etwa 1.000 Hektar Acker- und Grünland, die seit Jahrzehnten meist ohne ökologische Auflagen in jährlichen Pachtverträgen verpachtet werden. Der durchschnittliche Pachtzins liegt mit 426 Euro pro Hektar etwa bei der Hälfte des marktüblichen Preises. Kritiker bemängeln, dass diese niedrigen Pachtbedingungen zu wenig Anreiz bieten, die Flächen umweltschonend zu bewirtschaften. Bereits 2021 verpflichtete der Rat die Verwaltung per Antrag des NABU, die städtischen Flächen zukünftig nach ökologischen Standards zu verpachten, um einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten. Seitdem sind jedoch kaum Fortschritte erzielt worden.

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Forderungen des Agrarwendebündnisses: Ökologische und sozial-gerechte Pachtbedingungen

Das Agrarwendebündnis hat konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die Flächen naturschutzfreundlicher genutzt werden könnten. Darunter fällt unter anderem ein Pestizidverbot und die Idee, 20 % der Flächen zur Förderung der Biodiversität brachliegen zu lassen. Auch andere Städte und Institutionen zeigen laut dem Bündnis, dass es praktikable Lösungen für sozial-ökologische Pachtbedingungen gibt. Die Stadt Münster hingegen argumentiert, dass jährliche Pachtverträge den Naturschutzauflagen im Weg stünden, da sie flexiblere Flächennutzungen für Bauvorhaben ermöglichen sollen.

Verwaltung unter Personaldruck: Verzögerungen bei der Umsetzung

Die Verwaltung sieht sich mit organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Neben dem Personalmangel wird eine wissenschaftliche Studie als notwendig erachtet, um die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Naturschutzmaßnahmen zu prüfen. Vertreter der Stadt verweisen darauf, dass eine komplexere Pachtregelung und umfangreiche ökologische Auflagen Zeit und Ressourcen erfordern. Hier stellt sich die Frage, ob der politische Wille allein ausreicht, um in einer so entscheidenden Frage Fortschritte zu erzielen.

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Internationale Fraktion Die PARTEI/ÖDP: Neuer Anlauf mit 20 %-Brache und Pachtzinsnachlass

Um den Stillstand zu überwinden, brachte die Internationale Fraktion Die PARTEI/ÖDP im Rat den Vorschlag ein, dass Pächter für das Pachtjahr 2024/2025, die 20 % ihrer Flächen brachliegen lassen, einen Pachtzinsnachlass erhalten sollen. Diese Forderung ist jedoch nicht unumstritten, da manche Kritiker einwenden, dass eine subventionierte Brache das Problem lediglich vertagt und die Pachtpolitik grundlegend neu gedacht werden müsste.

Gegenstimmen: Kritische Perspektiven auf die Reformvorschläge

Gegner der vorgeschlagenen Maßnahmen, darunter einige Landwirte und Wirtschaftsvertreter, argumentieren, dass ökologische Pachtauflagen die Wirtschaftlichkeit der Flächenbewirtschaftung gefährden könnten. Ein Pestizidverbot und die verpflichtende Brache könnten laut ihnen die Produktivität reduzieren und die Pachteinnahmen weiter senken. Zudem wird befürchtet, dass strengere ökologische Vorschriften für städtische Flächen zu einem Pacht- und Nutzungsmangel führen könnten.

Einigung in Sicht? Zukünftige Schritte und offener Dialog

Nach Planungen der Ratskoalition sollen ab 2025 neue Regelungen greifen, die eine 20 %-Brache und ein Glyphosatverbot vorsehen. Gleichzeitig wird an einem umfassenden Kriterienkatalog für ökologische, regenerative und soziale Pachtbedingungen gearbeitet. Die endgültige Beratung mit den Stakeholdern ist für den 18. Dezember 2024 angesetzt. Bleibt abzuwarten, ob die geplanten Schritte die Biodiversitätskrise nachhaltig adressieren oder ob neue Ansätze für den Artenschutz erforderlich sind.

Münster auf dem Prüfstand der Agrarwende

Die Debatte zeigt, wie schwierig es sein kann, ökologische und wirtschaftliche Interessen zu vereinen. Die Entscheidung des Rates steht exemplarisch für die Herausforderungen, denen Städte im Zeitalter der Biodiversitätskrise begegnen. Ob und wie Münster die Balance zwischen Verantwortung für den Artenschutz und wirtschaftlicher Machbarkeit finden wird, bleibt spannend zu beobachten.