
Münster – In Nordrhein-Westfalen gelten aktuell rund 3,2 Millionen Menschen als armutsgefährdet. Das entspricht 17,8 Prozent der Gesamtbevölkerung – eine hohe Quote, die nur leicht unter dem Vorjahreswert liegt. Während sich die Lage im Münsterland im Vergleich zum Vorjahr etwas entspannt hat, zeigen die neuen Zahlen des Statistischen Landesamts deutliche regionale Unterschiede. Besonders hoch ist die Armutsgefährdung in ehemaligen Industrieregionen wie dem Ruhrgebiet.
Im Münsterland liegt die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2024 bei 14,6 Prozent. Damit steht die Region besser da als viele andere Landesteile. Im Vorjahr waren es noch 15,8 Prozent, sodass ein Rückgang von 1,2 Prozentpunkten verzeichnet werden kann.
Trotz dieser positiven Tendenz leben auch im Münsterland weiterhin viele Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Rund jeder Siebte verfügt hier über ein Einkommen, das nicht für ein Leben in gesellschaftlicher Teilhabe ausreicht. Vor allem Menschen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen, niedrigen Löhnen oder ohne formale Berufsqualifikation sind betroffen.
Die höchste Armutsgefährdung innerhalb Nordrhein-Westfalens verzeichnet die Emscher-Lippe-Region mit einer Quote von 22,1 Prozent. Diese umfasst Städte wie Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen. Auch in Dortmund, Oberhausen, Duisburg und Essen liegt der Anteil armutsgefährdeter Menschen bei über 20 Prozent.
Diese Zahlen verdeutlichen das Fortwirken struktureller Probleme in vielen ehemaligen Industriezentren. Wirtschaftlicher Wandel, Arbeitsplatzverluste und geringe Bildungsquoten sind zentrale Ursachen für die anhaltend hohe Armutsgefährdung.
Zu den Regionen mit der niedrigsten Armutsgefährdung zählen der Kreis Siegen-Wittgenstein und der Kreis Olpe, jeweils mit einer Quote von 12,9 Prozent. Damit liegen sie deutlich unter dem Landesdurchschnitt und zeigen, dass auch innerhalb eines Bundeslands wie NRW große Unterschiede bestehen.
Die Armutsgefährdung betrifft nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. Besonders hohe Quoten verzeichnen folgende Gruppen:
Demgegenüber stehen deutlich geringere Quoten bei:
Diese Zahlen zeigen klar, wie stark Bildung, Herkunft und familiäre Situation die wirtschaftliche Sicherheit beeinflussen.
Als armutsgefährdet gilt laut EU-Definition, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Das sogenannte medianäquivalente Einkommen wird dabei auf die Haushaltsgröße angepasst. Die Einkommensgrenzen im Überblick:
Die Definition macht deutlich: Auch wer arbeitet, kann armutsgefährdet sein – vor allem bei Teilzeit, Minijobs oder Niedriglöhnen. Viele Haushalte sind trotz Erwerbstätigkeit auf ergänzende Leistungen angewiesen.
Im Vergleich zu anderen Regionen in NRW zeigt das Münsterland eine stabilere soziale Lage. Der Rückgang der Armutsgefährdungsquote um 1,2 Prozentpunkte ist ein positives Signal. Dennoch bleibt die Zahl betroffener Menschen hoch. Besonders problematisch ist die Lage für Alleinerziehende, Kinder und Menschen mit geringer Qualifikation.
Die Zahlen machen deutlich, dass Armut in NRW kein Randphänomen ist, sondern ein tief verankertes strukturelles Problem. Eine nachhaltige Armutsbekämpfung erfordert daher mehr als Einmalzahlungen – gefragt sind langfristige Investitionen in Bildung, faire Löhne, bezahlbaren Wohnraum und familienfreundliche Arbeitsmodelle.